George Lynch: Eigentlich genau deswegen, weil so viel Zeit ins Land gezogen ist. Wir blieben die ganze Zeit über gute Freunde und hatten viel Spaß dabei, als wir miteinander spielten und die Zeit gemeinsam verbrachten. Ich denke irgendwo haben wir alle realisiert, dass wir es vermisst haben zusammen Musik zu machen.
Pfälzer: Die Drumspuren bei den neuen Songs spielte Brian Tichy ein. Kam Mick erst nach seinem Ausstieg bei DOKKEN dazu, oder war er von Beginn an in der Band?
George Lynch: Es war von Anfang an unsere Intention sowohl Mick als auch Brian dabei zu haben. Brians Stil passt besser zu dem neuen Material, während wir bei den Klassikern natürlich auf das Original-Lineup zurückgreifen mussten.
Pfälzer: Ihr habt mit dieser Formation unter dem Namen TOOTH & NAIL, benannt nach einem legendären DOKKEN-Titel angefangen. Wieso habt ihr nun Euren Namen geändert?
George Lynch: Wir wurden von einem kleinen Label verklagt, welche die Rechte an dem Namen für sich geltend machte Statt jetzt noch viel Zeit und Geld zu investieren, dagegen anzugehen, haben wir einfach die Initialen verwendet. So einfach war das!
Pfälzer: Beeinträchtigt T&N die Arbeit von Jeff Pilson mit FOREIGNER in irgendeiner Weise?
George Lynch: Sein Engagement bei FOREIGNER bleibt davon unberührt, denn wir planen um deren Terminkalender herum. Aber das macht es schwierig für uns, Zeit zu finden, die wir in Aufnahmen und Touren stecken können. Daher brauchte es auch zwei Jahre, bis wir „Slaves To The Empire" in mehreren Etappen fertig stellen konnten.
Pfälzer: Du hast etliche musikalische Stilrichtungen erforscht und in Deiner Karriere so ziemlich alles ausprobiert. Warum kehrst Du jetzt wieder zum traditionellen Heavyrock zurück?
George Lynch: Naja, alles ausprobiert habe ich noch nicht! (lacht) Ich habe noch keine Acid-Spacejam-Platte aufgenommen! Alleine in dem Jahr hatte ich ein paar Studioprojekte mit jeweils unterschiedlichen Stilen am Start. Das eine war SHADOWTRAIN, die mehr auf eklektische Improvisationen mit Weltmusikwurzeln setzen. Dazu KXM, bei denen ich zusammen mit Doug Pinnick von KINGS´X und Ray Luzier von KORN einen schweren und trippigen Gospelrock spiele. Mit Poncho und Sal, der Rhythmusfraktion von WAR betreibe ich THE INFIDELS, die eine Mischung aus R&B, Funk und HENDRIX-inspiriertem Rock zocken.
Jeff und ich stehen darüber hinaus kurz davor, die Arbeiten an einem zweiten T&N-Album zu beenden, das im Herbst 2013 erschienen soll. Und die Hälfte einer neuen LYNCH MOB-Scheibe wurde ebenfalls schon eingespielt, aber das wurde erst mal hinten angestellt. Wenn die Welt morgen nicht untergeht, werden wir eines Tages sicher beschließen, es zu komplettieren.
Pfälzer: Neben vielen anderen scheinst Du auch Einflüsse aus dem Blues zu verarbeiten. Hast Du mal daran gedacht, ein komplettes Blues-Album zu realisieren?
George Lynch: Auf jeden Fall! Das ist etwas, was ich schon immer machen wollte, seit ich Gitarre spiele. Ich sammle ständig Ideen und denke darüber nach, wie ich sie aufnehmen will und wen ich einlade diese Sachen mit mir zu spielen. Ich würde gerne jemanden finden wie R.L. Burnside, das wär´s. Ich hoffe wir nehmen dann analog und auf Band auf, keine Overdubs. Dafür sollten die Sessions schnell verlaufen, einfach den Moment einfangen, nichts beschönigen. Einfach die Fehler drin lassen, schön, dreckig und roh.
Pfälzer: Bei den alten DOKKEN-Liedern hast Du diese Blues-Einflüsse nicht gezeigt, so wie Du es jetzt in den neuen Versionen machst. Hattest Du damals kein Interesse daran oder passten sie in der Zeit einfach nicht zu den Titeln?
George Lynch: So ungefähr, diese Songs wurden für eine Band geschrieben, deren Musik eindeutig die des „weißen Mannes" war. Ich versuchte andere Dinge musikalisch zu verändern, aber die waren nicht besonders originell und klangen zu gezwungen. Das ist die Sache mit Blues oder anderer Musik, die direkt aus dem Herzen der Menschen kommt. Es geht um Existenzängste und all diese Sachen, das kann man nicht mit dem Kopf nachvollziehen. Du bist entweder damit geboren, fühlst und verstehst es oder nicht.
Pfälzer: Auf „Slaves To The Empire" sind eine ganze Menge Gastsänger wie Doug Pinick oder Sebastian Bach vertreten. Wie kam der Kontakt zu den Einzelnen zustande?
George Lynch: Wir kennen uns alle mehr oder weniger untereinander. Daher war die Kontaktaufnahme weniger das Problem, eher das Finden der passenden Stücke und der logistische Aufwand.
Pfälzer: Ich weiß, dass sich viele alte Fans eine DOKKEN-Reunion im klassischen Lineup wünschen würden. Wie hoch schätzt Du die Chancen dafür ein?
George Lynch: Irgendwo zwischen null und gar keine Chance! Ich habe für mich persönlich einen Punkt in meinem Leben erreicht, an dem kein Platz mehr für exzessiven Bullshit und Stress ist. Das Musikerleben ist auch so eine Herausforderung, ohne diese ganzen Kämpfe gegen interne Querelen und egomanischen Kontrollwahn. Ich bin endgültig fertig damit!
Pfälzer: Wie geht es mit T&N weiter, habt ihr vielleicht Konzerte oder Festivals in Europa geplant?
George Lynch: Wie ich schon erwähnte wollen wir unser zweites Album fertig stellen, welches im Herbst 2013 erscheinen soll. Darüber hinaus hoffe ich sehr, dass wir ein paar Monate unterwegs sein können. Da würde uns dann Michael Sweet (STRYPER – Anm. d. Autors) an der Rhythmusgitarre unterstützen und den Gesang übernehmen.
Pfälzer: Da hoffe ich das Beste für Euch! Und danke noch mal für das Interview!