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interview_lacunacoil_20121107_04LACUNA COIL haben sich über die Jahre von der kleinen Gothicband zu einer der größten und bekanntesten Rockbands Italiens hochgearbeitet. Früher waren sie sozusagen an jeder Steckdose zu sehen, doch seit die Band vor allem in den USA so groß geworden ist, ist sie eigentlich hauptsächlich dort anzutreffen. Auf eine Tour zum neuen Album warte ich schon seit dem Release, doch irgendwie standen immer nur Daten für Nordamerika auf dem Plan. Jetzt endlich tourt die Band auch in Europa, wenn sie sich auch für meinen Geschmack etwas rar macht und man mal wieder bis nach Frankfurt gurken muß. Aber was tut man nicht alles für die Kunst? Noch dazu, wenn man die Gelegenheit hat, sich mit Frontfrau Cristina Scabbia ausführlich über das letzte Album, Amerika, das Touren, Geschmack und ironieresistente Fans zu unterhalten, denn die kleine, wuselige und dabei äußerst sympathische Sängerin steht mir vor dem Konzert Rede und Antwort.


Anne: Warum tourt ihr eigentlich erst so spät? Ich meine, das Album ist ja schon fast ein Jahr draußen.

Christina: Vielleicht spät für eine europäische Tour, aber eigentlich hat die Tour ja schon begonnen, bevor das Album überhaupt veröffentlicht wurde. Letzten Oktober haben wir eine Tour gemacht, um „Dark Adrenaline“ zu präsentieren, das damals noch gar nicht draußen war und dann gingen wir nach Amerika, wo wir einige Monate verbrachten und dann kamen die Sommerfestivals und dann kamen wir zurück. Aber das ist ja auch keine Tour, die sich auf das Album konzentriert – natürlich werden wir einige der neuen Songs spielen, aber sie ist mehr dazu da, das Jubiläum von 15 Jahren LACUNA COIL zu feiern. Die Tour nennt sich „Dark Legacy“. Denn es geht in erster Linie um die Geschichte von LACUNA COIL. Wir spielen Songs von jedem Album und deshalb kann man nicht sagen, daß die Tour früh oder spät bezogen auf das Album stattfindet, denn die Tour hängt nicht mit dem Album zusammen.  

Anne: Warum hat die Tour nur so wenige Stationen, nur in den großen Städten und ich glaube, in den meisten Ländern gibt es nur einen einzigen Termin?

Cristina: Oh, wir sind sieben Tage [eigentlich nur 6, Anm. d. Verf.] in Deutschland. Das ist viel. Das sind nicht nur ein paar Tage. Ich meine, die meisten Bands spielen nur eine oder zwei Shows pro Land und ich finde, sieben Auftritte in Deutschland sind viel bei einer großen Tour. Sogar in England haben wir nur drei oder vier Shows gespielt und das ist einer unserer Hauptabsatzmärkte. Aber in anderen Ländern wie zum Beispiel Frankreich, haben wir nur an einem Ort gespielt, in Paris. Normalerweise spielst du eine Show in einer großen Stadt mit entsprechend vielen Zuschauern. Aber wir mögen Deutschland und so baten wir darum mehr Auftritte in kleineren Orten, aber in verschiedenen Städten zu spielen, weil wir nicht mehr so viele Chancen haben, in Europa zu spielen. Wir sind ja immer in den Staaten, wo unser Hauptabsatzmarkt liegt.

Anne: Ja, das wäre auch eine Frage gewesen. Ihr scheint euch mehr Richtung Amerika als Richtung Europa zu orientieren.

Cristina: Oh, es ist nicht so, daß wir uns mehr Richtung Amerika orientieren aber es ist bei jedem Job so, daß du dorthin gehst, wo das Interesse für deine Arbeit am größten ist. Ich meine, es gibt viele europäische Bands, die in Amerika nicht gut laufen, also gehen sie nie dorthin. Und es kann passieren, daß amerikanische Bands in Europa besser laufen, also sind sie permanent in Europa unterwegs. Und vor allem im Moment, wo das Musikbusiness krankt, tendiert man dazu, dorthin zu gehen, wo deine Musik besser angenommen wird. Das ist also vollkommen normal. Es ist nicht so, daß wir Europa nicht mögen würden. Aber wir haben einfach bessere Angebote aus den Staaten. Wir sind eine Band, wir müssen das beste da rausholen (lacht).

Anne: Warum habt ihr die letzten Male, als ich euch gesehen habe, immer nur so wenige Songs vom “Comalies”-Album gespielt?

Cristina: Weil wir so viele Alben draußen haben und die Zeit für eine Show begrenzt ist und wir einzelne Songs von jedem Album herauspicken müssen. Das war zwar das Album, das uns den Durchbruch in der Szene verschafft hat, aber die Leute kennen die neuen Songs einfach besser. Denn „Shallow Life“, „Dark Adrenaline“ und sogar „Karmacode“ sind unsere meistverkauften Scheiben und die Leuten kennen die Songs besser. Selbst bei den aktuellen Shows sehe ich, daß die Leute die Songs der letzten Scheiben mitsingen und wenn wir etwas älteres spielen, dann gucken sie nur so: „hä?“. Daher ist es normal, daß du dich auf das konzentrierst, was du zuletzt getan hast.

Anne: Für mich ist das schade…

Cristina: Oh nein, wir spielen auf dieser Tour einige Songs, wie spielen sogar welche von der ersten EP.

Anne: Das wäre großartig!

Cristina: Aber es hängt mit der Tour zusammen.

Anne: Meiner Meinung nach ändert ihr euren Stil von Album zu Album ein bißchen. Wie ist deine Meinung dazu?

interview_lacunacoil_20121107_02Cristina: Dem stimme ich nicht zu. Denn wir benutzen immer noch Streicher, wir haben immer noch opernhafte und epische Momente in der Musik und ich denke, es ist normal für eine Band, eine Entwicklung durchzumachen, denn ich glaube den Bands, die immer und immer wieder das gleiche machen, nicht. Das wirkt falsch auf mich, denn es ist unmöglich, daß man sich nicht als Person verändert. Du wächst auf, du hörst verschiedene Arten Musik, du siehst dir Filme an und liest Bücher. Das Leben hat im Laufe der Zeit verschiedene Einflüsse auf dich. Für mich ist es unmöglich, speziell in einem kreativen Prozess wie der Musik, nicht hier und da etwas zu verändern. Das würde ich nicht menschlich finden. Manchmal glaube ich, daß manche Bands, die immer und immer wieder das gleiche veröffentlichen, sich damit wohler fühlen, denn die Fans werden es kaufen. Weil sie diesen Sound gewohnt sind. Aber das ist nichts für LACUNA COIL. Wir wollen tun, was immer wir fühlen. Daher sind wir bereit, einige Risiken einzugehen und vielleicht etwas zu tun, was den Fans nicht so zusagt. Aber wir wollen uns selbst treu bleiben und so ist das: Wenn es dir gefällt – schön! Wenn nicht – dann ist es nicht unser Fehler. Wir sind einfach nicht auf einer Wellenlänge. Aber ich denke nicht, daß wir uns verändert haben, wir kombinieren noch immer Melodien mit aggressivem Gesang und singen immer noch auf die gleiche Weise.

Anne: Ja, es sind keine großen Änderungen, aber immer ein kleines bißchen. Ihr klingt auf jedem Album etwas anders.

Cristina: Ja, ich meine, viele Bands ändern sich mit jedem Album. Du wechselst den Produzenten, du wechselst das Studio, du änderst dich als Person, von daher würde ich in unserem Fall von einer Evolution sprechen. Auf diesem Album, auf „Dark Adrenaline“, sind auch viele Ähnlichkeiten zu den ersten Alben. Da gibt es Songs, die dich an Songs von der ersten EP erinnern. Und man macht das nicht mit Absicht, das kommt einfach aus einem heraus, weil es immer noch ein Teil von dir ist. Etwas, das du warst und was du bist – und das zur gleichen Zeit (lacht).

Anne: Warum sind die Songs auf dem Album so kurz? Denn manche Songs hätte ich wirklich gerne länger gehört. Zum Beispiel „Fire“ ist meiner Meinung nach ein richtig guter Song, aber er ist so kurz und ich hätte ihn gerne länger  gehört.

Cristina: Oh, sowas plant man nicht. Du schreibst es einfach. Und dazu kommt der Fakt, daß du auch Dinge änderst in der Art deines Songwritings. Vor allem wenn man mit verschiedenen Leuten zusammenarbeitet, dann lernt man, was einem gefällt und was nicht und manchmal wiederholt man in einem Song die gleichen Teile immer wieder. Manchen Leuten gefällt das. Und bei manchen Songs ist das für mich ein bißchen zu viel des Guten, aber es hängt wirklich vom Song selbst ab. Wir haben auch längere Songs, wie „My Spirit“ zum Beispiel, das mit einem Solo endet. Ich finde, wir haben einige ungewöhnliche Songs, die wir so nie zuvor gemacht haben, also das hängt wirklich von den einzelnen Songs ab.

Anne: Ich finde, deine Stimme ist noch einmal besser geworden, denn sie klingt auf dem neuen Album so wandelbar. Sie ist sanft in „Give Me Something More”, tief und ein wenig poppig in “End Of Times”, flüsternd in “I Don't Believe In Tomorrow” und verzerrt in “Fire”. Hast du Gesangsunterricht genommen?

Cristina: Nein, ich habe in meinem ganzen Leben keinen Gesangsunterricht gehabt. Weil …ein Teil von mir wirklich faul ist. Das wäre der Hauptgrund. Aber andererseits war ich immer der Meinung  - basierend auf den Sängern, die ich mir gerne anhöre – daß ich es lieber mag, die Gefühle der Sänger zu spüren anstatt eine perfekte Technik vorweisen zu können. Das ist mir egal, ich bin nicht an der perfekten Note interessiert. Manchmal mag ich es sogar lieber, wenn die Stimme ein wenig kratzig ist und nicht nur klar. Denn die Gefühle, die ein Sänger rüberbringt sind mir wichtiger, also versuche ich das zu reproduzieren. Das ist auch der Grund, warum ich stets versuche, von mir selbst zu lernen. So in der Art „Ok, das kann ich leichter singen wenn ich auf diese Art atme, wenn ich diese Position einnehme oder wenn ich in dieser Position nicht springe“ – das ist etwas was ich von meinem eigenen Körper lerne. Und ich mag es, mit den Songs zu spielen, also vielleicht einen tieferen Ton singen, oder sehr, sehr hohe Töne, einfach, um zu sehen, wohin es mich führt.

Anne: Ich muß zugeben, daß mir das R.E.M.-Cover auf dem neuen Album besser gefällt als das DEPECHE MODE-Cover auf „Karmacode“. Ja, das ist jetzt nicht wirklich eine Frage. Ich weiß auch nicht, warum das so ist. Vielleicht, weil ich mehr auf DEPECHE MODE als auf R.E.M. stehe.

Cristina: Vielleicht, wer weiß? Sie sind zu verschieden, ich meine beide Cover waren nicht gedacht als… Sie sind ein Tribut an die jeweiligen Bands, von daher spielt es keine so große Rolle ob man sie mag oder nicht, es geht mehr darum, daß wir das gemacht haben, weil wir beide Bands sehr respektieren. Wir finden, daß das großartige Bands sind, respektabel und wichtig in der Musikszene und uns gefällt der Text des R.E.M.-Songs wirklich gut. Und wir haben daraus einen Song gemacht, der wie ein LACUNA COIL-Song klingt, aber mit R.E.M.-Text. Ehrlich gesagt mag ich den orginal R.E.M.-Song musikalisch nicht, weil er wirklich poppig klingt und für meinen Geschmack auch viel zu fröhlich. Und ich mag die Musik, die Marco, unser Bassist, dazu geschrieben hat, wirklich sehr.

Anne: Wie entscheidet ihr, welche Songs ihr covert?

Cristina: Das passiert einfach. Man wirft einfach ein paar Namen in den Raum, so “Oh, wir könnten den Song ja mal covern, den halte ich für einen guten Song und wir könnten es mal probieren” und dann fängt man an zu jammen und dann mag man einige Songs mehr als andere und so ist es auch einfach passiert, daß wir den R.E.M.-Song ausgewählt haben.

Anne: Also habt ihr nicht noch mehr Cover geplant?

Cristina: Wir spielen gerne mit der Musik von anderen; das ist auch wieder eine Möglichkeit, sich selbst zu verbessern, den es ist etwas, das jemand anderes geschrieben hat und du versuchst es dir zu eigen zu machen. Das macht immer Spaß, das ist immer interessant und es ist auch cool, die Sachen live zu spielen. Weil dann die Leute zu den Songs singen, den Song mitsingen.

Anne: Mir gefällt der Spoken-Word-Part in “My Spirit”. Könntet ihr euch vorstellen, nochmal einen Song komplett in Italienisch zu machen?

Cristina: Wir haben einige Songs in Italienisch gemacht, aber die müssen spontan entstehen. Wir wollen nicht nur deshalb Songs in Italienisch machen, weil wir Italiener sind. Ich meine, es muß eben einfach passen, auch die Musik, so wie das bei “Senzafine” war, der schon als italienischer Song geboren wurde und darum halten wir es immer so. Wir wollen uns einfach nicht hinsetzen und sagen „Der nächste Song soll ein italienischer werden!“ Es muß wirklich einfach passieren.

Anne: Ihr habt bisher zum aktuellen Album erst eine Single veröffentlicht, wenn ich richtig informiert bin. Für „Shallow Life“ hattet ihr glaube ich zwei oder drei. Habt ihr geplant, noch einen weiteren Song als Single auszukoppeln?

Cristina: Nun, die Dinge ändern sich im Musikbusiness. Ich denke nicht, daß es überhaupt notwendig ist, eine Single zu veröffentlichen, denn die Leute treffen sowieso ihre eigene Wahl. Du gehst auf youtube und die meisten Bands haben dort ihr komplettes Album eingestellt und jeder sagt, „Oh, dieser Song gefällt mir am besten, also höre ich immer den“. Du mußt nicht wirklich einen Song auskoppeln. Natürlich, wenn man eine Popband ist, oder Britney Spears, dann wird dein Label natürlich das ganze Geld in diese eine Single stecken um sie zu promoten, aber in der Musikszene macht man das nicht mehr so wie in der Vergangenheit, denn am Ende holt sich doch jeder die Musik aus dem Internet und trifft seine eigene Wahl.  

Anne: Also ist das auch der Grund, warum ihr bisher erst ein Video gemacht habt…

Cristina: Oh, wir haben noch ein weiteres Video gemacht. Wir haben ein Video gemacht, das bald fertig sein wird, aber es ist nicht gesagt, daß wir das auch als Single veröffentlichen werden. Vielleicht werden die Leute denken, daß das unsere nächste Single ist, wenn wir das Video veröffentlichen, aber wir listen es nicht als Single. Wir wollten einfach nur ein Video zu dem Song machen.

Anne: Um welchen Song handelt es sich?

Cristina: Das kann ich noch nicht sagen (lacht).

Anne: Ok. Das Video zu “Trip The Darkness” ist ja ein eher düsteres Video. Und die meisten eurer Videos sind eher ernst. Aber das Video zu “I Like It” war wirklich lustig. Wollt ihr denn nochmal ein lustiges Video machen?

interview_lacunacoil_20121107_01Cristina: Ich würde sehr gerne, aber die Leute verstehen es nicht. Wenn wir es gemacht haben – nur um dir ein Beispiel zu geben – vor allem bei “Shallow Life” haben die meisten Leute nicht die ironische Absicht des Albums verstanden. Das Album wurde geschrieben, weil wir uns darüber lustig machen wollten, daß das Leben oberflächlich geworden ist und alles sich nur um das Aussehen dreht, alles und jeder hat gut auszusehen. Also begannen wir, mit Fotos zu spielen und machten auch ein Video. Und es gibt ein Foto, auf dem ich als Popprinzessin verkleidet bin und Andrea als Zuhälter. Aber das erste, was die Leute sagten, als sie das Foto sahen, war „Oh, ihr habt euren Look verändert, ihr seid nicht mehr düster!“ Und wir dachten nur „Wir haben das Foto mit Absicht gemacht! Seht ihr denn nicht, daß ich falsche Brüste habe? Ich habe sogar einen Push-up getragen, um alles größer und übertriebener wirken zu lassen, einfach um mich darüber lustig zu machen.“ [damit ihr testen könnt, ob ihr ebenfalls ironieresistent seid, habe ich euch hier noch das angesprochene Foto rausgesucht, Anm. d. Verf.] Und mit „I Like It“ war es genauso. Es war ein sehr ironischer Song, aber die meisten Leute haben es nicht verstanden. Sie sagten alle: „Oh, die haben sich so verändert! Die haben sich zu sehr verändert, die sind nicht mehr düster!” Sie haben einfach die Ironie nicht verstanden. Also ich würde schon gerne nochmal, aber es ist nicht einfach, den Leuten zu verstehen zu geben, daß wir privat glückliche Menschen sind und daß es auch Spaß gibt in dieser düsteren Welt. Für manche Leute müssen wir immer erwartungsgemäß und düster aussehen, egal, was passiert.

Anne: Ich finde, ihr klingt auf “Dark Adrenaline” auch heavier als früher. Ist das auch deine Meinung?

Cristina: Ja. Ja, definitiv. Wir wollten das auch. Wie wollten das und wahrscheinlich wird das nächste Album noch heavier, zumindest nach dem Geschmack, den wir im Moment haben, aber es kann sich noch alles ändern.

Anne: Was ist eigentlich “Dark Adrenaline”? Was bedeutet das? Ist das eine Art negatives Adrenalin?

Cristina: Es begann auf eine sogenannte negative Art und Weise, denn als wir das Album schrieben, gingen einige Bandmitglieder durch eine schwere Zeit. Ich rede jetzt nicht von total verrückten Dingen, sondern so Sachen wie Wendepunkte im Leben, einige Leute aus dem Familien- und Freundeskreis sind gestorben – Alltagsprobleme eben. Als wir mit dem Songwriting begannen, war das so eine Art Therapie, um all diese negativen Dinge loszuwerden. Aber wir sind, egal was passiert, sehr optimistische Menschen und darum dachten wir, daß dieses Album unsere Art der Therapie ist, um aus dieser Negativität zu entkommen. Dann dachten wir an diesen Gegensatz in dem Wort „dark“, das einen normalerweise eher an etwas obskures oder trauriges denken läßt. Und das Adrenalin ist die Energie und das Adrenalin wurde aus dem Songwritingprozess freigesetzt, denn wir wollten wirklich unbedingt ein neues Album herausbringen und weiterhin Musik schreiben. Und wir haben die beiden Dinge vermischt und daraus das Konzept entwickelt von dieser dunklen Flüssigkeit, die in dich injiziert wird und dich in eine andere Dimension bringt, wo du einfach nur frei sein kannst und stark und furchtlos. Also da war schon so eine Art Konzept, um das alles zu bündeln.

Anne: Ihr klingt auch nicht mehr so “amerikanisch” wie auf den vorhergehenden Alben. Einige Leute sagen ja, „LACUNA COIL klingen mir zu amerikanisch“ (Cristina muß lachen), und ich denke…

Cristina: Weißt du was? Ich finde das lustig. Denn ich habe niemals diese Art von Abgrenzung verstanden. Ich mag es nicht, wenn Leute sagen „Oh, das ist zu amerikanisch! Oh, das ist zu europäisch!“ Denn das ist einfach Unsinn. Wenn dir etwas gefällt, dann gefällt es dir, wenn nicht, dann nicht. Ich meine, man muß sich nicht nach diesem Vorurteil richten. Es ist nicht so, daß wir europäische Bands nicht mögen und sagen „Oh, die sind komisch weil ihre Musik so europäisch klingt!“ Es gefällt mir einfach nicht. Jeder kann seinen eigenen Musikgeschmack haben. Und wenn dir die Songs gefallen – schön. Wenn nicht – auch gut. Aber ich meine, wir arbeiten mit einem amerikanischen Produzenten und verbringen 9 Monate im Jahr in Amerika, also vielleicht, wer danach sucht, findet auch was.  

Anne: Vielleicht sind einige Leute einfach enttäuscht, daß ihr euch mehr an Amerika ausrichtet. Wie amerikanische Bands klingt, mehr in Amerika tourt, und…

Cristina: Aber das sind immer noch wir! Das sind immer noch wir. Ich bin der Meinung, sie können nicht wirklich enttäuscht sein, denn wir machen das, was wir fühlen. Wir folgen niemandem. Und dann, wenn es so wäre wie sie sagen, dann müßte „Comalies“ mit Gold ausgezeichnet sein und jeder sagt immer „Oh, „Comalies“...„Unleashed Memories“ war viel besser!“. Dann sollen sie mir mal erzählen, warum wir dafür keine 3 goldenen Schallplatten bekommen haben. Und die letzten Alben verkaufen sich viel besser, weil mehr Leute eine Verbindung dazu haben.

Anne: Aber ich glaube, eure Musik hat immer noch ein klein wenig amerikanischen Sound.

Cristina: Das kann sein, weil unsere Produzenten Amerikaner sind und das Album wurde auch in den Staaten aufgenommen. Von daher – kann sein.

Anne: Auch eure Homepage sieht ein wenig amerikanisch oder japanisch aus. Es ist so eine Art Mangastil.

Cristina: Nein, nein. Wirklich, die Homepage ist wirklich europäisch. Und sie wurde von einem Italiener gemacht, basierend auf europäischen Beispielen, von daher. Und alle Designs wurden von unserem Bassisten entworfen, der Italiener ist. Von daher, absolut nicht.

Anne: Ok. Du bist noch in einer Beziehung mit James Root, oder? Wie kommt ihr beiden mit der großen Entfernung zwischen euch zurecht?

Cristina: Ich möchte nicht über Privates reden. Ich will nur sagen, daß wenn du jemanden liebst, dann liebst du ihn, was immer er tut und wo immer er ist.

Anne: Das ist in Ordnung. Warum seid ihr nicht wieder mit STONE SOUR getourt, die haben doch gerade ein neues Album draußen?

Cristina: Weil das Privatleben und das Berufsleben getrennt bleiben sollten. In jedem Fall. Das verursacht normalerweise nur Probleme und ganz ehrlich: Ich liebe ihn für das, was er ist  und nicht für das, was er tut und es ist schön, sich zu treffen und sich über unsere Sachen zu unterhalten und nicht über geschäftliches.

Anne: Schreibst du immer noch die Kolumne für das Revolver-Magazin?

Cristina: Nein, ich habe aufgehört.

Anne: Warum?

Cristina: Ich habe das über ein Jahr gemacht und ich habe begonnen, andere Dinge zu machen und mit jemand anderem zusammenzuarbeiten. Einfach die normalen Veränderungen im Leben.

Anne: Macht es mehr Spaß, Kolumnen oder Songs zu schreiben?

Cristina: Songs. Ich finde, das kann man nicht wirklich vergleichen. Es ist ja nicht so, daß man jede Woche etwas schreibt oder Briefe zum Beantworten bekommt. Es ist so gelaufen, daß ich, sagen wir, 100 Fragen bekommen habe und ich habe sie alle auf einmal beantwortet und sie haben dann immer zwei oder drei pro Ausgabe veröffentlicht. Im Grunde war also an einem Tag die Arbeit für ein ganzes Jahr gemacht. Das hat Spaß gemacht, aber es war nichts dauerhaftes.

Anne: Habt ihr schon Songs für das nächste Album geschrieben?

Cristina: Wir sammeln Ideen, aber wir haben noch keine fertigen Songs. Aber wir schreiben immer.

Anne: Auch auf Tour?
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Cristina: Auch auf Tour, aber normalerweise auf Tour nicht als Band. Meistens schreiben wir alleine Zeug auf unserem Computer und wenn dann die Zeit für ein neues Album gekommen ist, dann setzen wir uns zusammen, beginnen miteinander zu arbeiten und werfen unsere Ideen in den Raum und arbeiten darauf aufbauend.

Anne: Und damit fangt ihr dann nach dieser Tour an?

Cristina: Nach dieser Tour, ja. Denn wir sind ungefähr einen oder anderthalb Monate zu Hause, bevor wir wieder aufbrechen.

Anne: Ok, das waren meine Fragen…

Cristina: Danke vielmals, es war schön, dich kennenzulernen.

Anne: Danke gleichfalls! Schön, daß ich dich kennenzulernen durfte.
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