Interview mit Manuel Trummer (Atlantean Kodex)

akbandDie Epic Metaller ATLANTEAN KODEX aus Bayern sind momentan im metallischen Underground in aller Munde. Ihr Debütalbum "The Golden Bough" war ein voller Erfolg und ein Ende scheint nicht in Sicht. Mit kryptischen Aussagen, mysteriösen Texten, eigenwilligem Sound und großartiger Musik macht die Formation auf sich aufmerksam.

Sie haben Ihre ganz eigene Meinung wie Heavy Metal klingen sollte und stehen auch dafür ein. Ob man die Ansichten der Band teilt, ist jedem selbst überlassen, doch allein schon Ihrer Ehrlichkeit sollte man Respekt zollen. Manuel Trummer, Rhythmusgitarrist und Sprachrohr der Band, stand uns Rede und Antwort.

 

 

Kevin: Zuerst einmal beglückwünsche ich euch für den einschlagenden Erfolg eures Albums "The Golden Bough". Hättet Ihr damit gerechnet, dass es so gut ankommt? Hattet Ihr es im Gefühl, dass es etwas Besonderes ist, dass Ihr da erschaffen habt?

 Manuel: Ja, wir wussten, dass wir ein Album geschaffen hatten, das nicht alltäglich ist. Es war uns klar, dass es die Leute, die auf epischen Metal stehen, sehr mögen würden. Allerdings waren wir sehr überrascht, wie ungemein positiv die Reaktionen aus der breiteren Metal-Szene, also auch bei den Gelegenheitshörern, ausfielen. Damit hatte niemand gerechnet.

Kevin: Habt Ihr euer gesetztes Ziel erreicht? Was genau ist eure "Mission" / Ziel?

Unser Ziel ist, genau die Musik zu spielen, die wir selber hören wollen. Von den Songs über den Sound, über die Produktion bis hin zum Layout und Artwork. Das ist uns zu 100 % gelungen. "The Golden Bough" ist ein Statement, wie Heavy Metal unserer Meinung nach klingen und was Heavy Metal sein sollte.

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"...wie will man "authentisch" wirken, wenn die komplette Band aussieht wie eine Karnevalsgesellschaft?"

Atlantean Kodex feiern nicht gern Fasching

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Kevin: Im Moment scheinen die langsameren und schwereren Spielarten des Heavy Metal (Doom, Epic o.ä.) eine Art Aufschwung zu erleben. Kannst du dir das erklären?

Manuel: Doom Metal ist so ziemlich das letzte Subgenre im Metal, das noch keinen Ausverkauf hinter sich hat. Das verleiht ihm eine gewisse Authentizität. So wird Doom Metal für viele Leute attraktiv, denen es vor allem darum geht, sich über ihren Musikgeschmack von der breiten Masse abzugrenzen. Das erklärt auch, wieso im Moment so viele ehemalige Black Metal-Musiker und Labels auf Doom umschwenken und ein Stück vom Kuchen abhaben wollen. Das Resultat sind geschminkte "Doom"-Bands mit Frauengesang, Keyboards und peinlichen Okkult-Texten. Aber in ein, zwei Jahren sind diese Typen beim nächsten Trend (mein Tipp: schwedischer Old-School Death Metal) und wir haben wieder unsere Ruhe.

Kevin: Ich vermute, einige Metaller sind von der drölftausendsten aalglattgebügelten und totgetriggerten Produktion mittlerweile gelangweilt und wollen eher was "echtes" bzw. traditionelles. Meiner Meinung nach atmet Doom Metal eigentlich immer klassischen Spirit und besitzt irgendwie mehr Seele und Emotionen, als  viele andere Genres. Berührt manche Leute Doom Metal und Co. mehr, weil bzw. wenn er mit Herzblut gespielt wird? Woran kann es liegen, dass gerade in diesem Genre mehr Gefühl steckt als z.B. in Folk Metal?

Manuel: Na ja, im Doom Metal ging es nie um Image, ausgefallene Bühnenshows und blödes Gelaber. Insofern ist echter Doom Metal ein sehr authentisches Genre. Die Musiker verkleiden sich nicht und haben es nicht nötig, sich als besonders krass zu inszenieren (die neuen so genannten "Doom Metal"-Bands mit Black Metal-Hintergrund ausgenommen...). In der Folge wirken auch die Texte und die Darbietung im echten Doom Metal wesentlich "echter", weil man sofort sieht, dass kein billiges Image und keine Showeffekte dazwischengeschaltet sind. Gerade im Folk Metal und im Black Metal kommt es ja stark auf die Kostümierung, die Schminke und das Image an. Aber wie will man "authentisch" wirken, wenn die komplette Band aussieht wie eine Karnevalsgesellschaft? Es ist doch klar, dass die Hörer die Texte dann auch als Teil der Show, des Images, der Kostümierung wahrnehmen und weniger davon berührt werden.

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Kevin: Ihr schafft es ziemlich gut, den Hörer seinen Alltag vergessen zu lassen und in eine andere Welt einzutauchen bzw. abzuschalten. Ist das euer Anliegen?

Manuel: Ja, das ist schon ein Teil unserer Musik. Der Hörer muss fühlen, was wir fühlen. Wenn wir das schaffen, sind wir zufrieden. Allerdings geht es nicht nur um Eskapismus. Du kannst jeden unserer Texte auch auf die Gegenwart und aktuelle Ereignisse hin deuten.

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"..."The Golden Bough" ist eine Erziehungsmaßnahme für den modernen Metal."

Herr Trummer unterrichtet alle Unwissenden

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Kevin: Euren Stil beschreibt Ihr selbst als "regressive epic metal"; was genau ist denn rückschreitend? Seht ihr eure Musik als auf "das Nötigste reduziert" an?

Manuel: Die meisten Bands versuchen heute mit technischen Mitteln das Maximum aus ihrem Sound rauszuholen. Das Resultat ist, das man bei den meisten Platten nicht mehr die Band, die Musiker hört, sondern nur noch die Produktion. Das ist tote Musik und letztlich Fake. Wir wollen klingen wie eine richtige, lebendige Band, inklusive aller Unsauberkeiten. Man soll hören, dass die Scheibe von Menschen eingespielt wurde und nicht von Synthesizern und Drumcomputern. Der Sound und die Produktion auf "The Golden Bough" sind insofern auch eine Erziehungsmaßnahme für den modernen Metal.

Kevin: Woher rührt euer Interesse an James Frazers Theorie über den Ursprung der europäischen Religionen?

Manuel: Dafür gibt es keinen besonderen Grund. Wir interessieren uns aus unterschiedlichsten Gründen für alle möglichen Obskuritäten. Das Thema erschien uns interessant genug, um die epische Musik ansprechend zu begleiten. Zudem erlaubt das Thema zahlreiche Bezüge zu unserer modernen Welt, bleibt aber trotzdem noch ausreichend im Mythos verhaftet, um jedem Hörer eigene Assoziationen zu erlauben.

Kevin: Ihr scheint gerne Live - Alben zu veröffentlichen...2009 und 2010 erschienen Live - Mitschnitte. Letzterer sogar als Kassette. Forderten Fans Live -  Material?

Manuel: Nein. Die Livetapes sind in erster Linie Souvenirs für uns selbst, die wir uns als Andenken ins Regal stellen. In ein paar Jahren, wenn's wieder vorbei ist mit der Band, können wir sie dann anhören und uns an ein paar schöne Wochenenden erinnern, die wir gemeinsam hatten. Da leider 5er-Auflagen nicht in professioneller Qualität hergestellt werden können, machen wir halt ein paar mehr und hoffen, dass das Zeug jemand kauft und wir nicht auf den Herstellungskosten sitzen bleiben.

Kevin: Was steht für 2011 an? Sind schon neue Songs geschrieben, evtl. sogar eine weiteres Album in Planung?

Manuel: Wir haben 2011 ein paar Shows geplant, unter anderem auf dem Hammer of Doom in Würzburg und dem Rock Hard-Festival in Gelsenkirchen. Dazu noch zwei Shows im Ausland. Darüber hinaus ist nichts weiter geplant.

Kevin: Wird man euch öfter live sehen können? Vielleicht sogar auf einer kleinen Tour?

Manuel: Nein, wir werden eher weniger live spielen. Also versucht lieber uns zu sehen, solange es noch geht.

Kevin: Hast du der Welt noch etwas mitzuteilen?

Manuel: Rumstehen und locker ausschauen. Danke für das Interview.

Kategorie: Interviews