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Solefald1Die Neunziger waren für Norwegen eine wirklich mehr als ertragreiche Dekade. Es ist nicht zu leugnen, dass zu dieser Zeit der Black Metal vor allem durch die zahlreichen Interpreten dieses Landes zu dem wurde, was er heute ist.
In der Mitte dieses Jahrzehnts sorgte SOLEFALD für großes Aufsehen in der Szene. Erstmals hatte eine norwegische Band Erfolg mit einer Kombination aus Black Metal, Folk und enorm experimentellen Komponenten. Ihr Album „Neonism“(1997) schien die Grenzen des damals Möglichen sogar so zu sprengen, dass dieser Band Morddrohungen und andere Schikanen Seitens fanatischer Schwarzmetaller entgegengebracht wurden.
Mittlerweile sieht man vieles glücklicherweise nicht mehr so eng, was sicherlich auch mit ein Verdienst von SOLEFALD ist.
Auf ihrem aktuellen Album „Norrøn Livskunst“ (Review) werden wieder furiose Wagnisse eingegangen. Dabei glänzt die Scheibe nicht nur durch eingängige Vielfalt sondern auch durch avantgardistische Progressivität.
Diese anhaltende Qualität und Frische, die seit 1995 konstant zu blieben scheint, sind wohl mehr als Grund genug, bei der Band mal nachzufragen, was für Themen sie bewegen und was „Norrøn Livskunst“ ihrer Ansicht nach besonders macht. Lars, einer der beiden Virtuosen, äußerste sich dazu in folgendem Interview. Viel Spaß damit!

Solefald3Jannick: Über vier Jahre sind seit eurer letzten Veröffentlichung vergangen. Demnach stand ja schon zu vermuten, dass ihr euch intensiv weiterentwickelt habt, was auf „Norrøn Livskunst“ eindrucksvoll bestätigt wird. Welches waren eure wichtigsten Entwicklungen in den vergangenen Jahren?

Lars: Wir entwickeln uns immer weiter, nicht nur als Musiker, sondern auch als Individuen. Zudem hatten wir einen ganz beträchtliche Menge an Anforderungen, auf denen wir bauen wollten als wir mit den Arbeiten an „Norrøn Livskunst“ begannen. Letztlich ist es ein Album geworden, das Elemente unseres kompletten Schaffens widerspiegelt. Es vereint die ungezähmte Wut unseres Debütalbums ("The Linear Scaffold" (1997)) mit dem experimentellen Anstrich von „Neonism“(1999). Zudem hat es die treibende Wirkung von “Pills Against the Ageless Ills”(2001) und den elektronischen Hauch, den man auf “In Harmonia Universali“ (2003) vernehmen konnte. Dabei kommen auch die nordisch folkloristischen Elemente nicht zu kurz, die früher besonders auf  “Red for Fire: An Icelandic Odyssey: Part I” (2005) und “Black for Death: An Icelandic Odyssey : Part II” (2006) sehr deutlich herauszuhören waren.  

Jannick: „Norrøn Livskunst“ stieß in letzter Zeit fast ausschließlich auf äußerst gute Kritik. So mancher Rezensent bezeichnet das aktuelle Werk sogar als Highlight eurer Diskographie. Wie erklärt ihr euch, dass ausgerechnet dieses Album derartig gut ankommt?

Lars: Wir haben sehr hart an jedem Aspekt dieses Albums gearbeitet. Vom Songwriting bis hin zur Produktion legten wir großen Wert auf jedes noch so kleine Detail, weshalb „Norrøn Livskunst“ das wohl aufwendigste und feinsinnigste Album ist, das wie jemals aufgenommen haben. Entsprechend glücklich sind wir auch darüber, dass es offensichtlich viele Menschen gibt, welche unsere Musik genauso lieben, wie wir Leidenschaft und Energie in sie gesteckt haben.


"[...] ein verrückter Partysong, der von einer Möwe handelt, welche als Polizeivogel tätig ist und satanistische Morde aufklärt."
Das Resultat eines zünftigen Saufgelages oder einer intensive Songwirting-Session? Man kann nur spekulieren.



Jannick: Um sich von „Norrøn Livskunst“ richtig verzaubern lassen zu können, muss man das komplette Album am Stück anhören. Erst durch die gewaltige Vielseitigkeit, die sich dem Hörer im Laufe der Zeit offenbart, eröffnen sich eure außergewöhnlichen Qualitäten. Zudem kommt, dass ein roter Faden -sowohl textlich als auch musikalisch- recht auffällig in Szene gesetzt wurde. Dennoch gilt „Norrøn Livskunst“ nicht explizit als Konzeptalbum. Warum nicht?

Solefald2Lars: Für uns ist „Norrøn Livskunst“, wie jedes andere SOLEFALD-Album auch ein Konzeptalbum. Meiner Ansicht nach sollte man bei der Erstellung eines Albums immer darauf achten, dass man es hinterher als ganzes Werk betrachten kann. Alles sollte zusammen harmonieren und irgendwie in Beziehung zueinander stehen. Nur so kann man ein Album produzieren, das nicht nur eine bloße Sammlung mehrerer Songs ist.   

Jannick: „Norrøn Livskunst“ heißt ja übersetzt etwa „nordische Lebenskunst“, womit schon ein kleiner Einblick in die Thematik gegeben wird. Da eure Texte jedoch überwiegend auf Norwegisch gehalten sind, ist vielen Fans der problemlose Zugang zu eurer Botschaft nicht möglich. Wovon handeln eure Songs und welche Message wollt ihr mit diesen verbreiten?

Lars: Unsere Texte handeln sowohl von der Kultur unseres Heimatlandes, als auch von der Erforschung seiner Geschichte und seines Erbes. Inspiriert hat uns dabei vor allem die Geschichte des frühen zwanzigsten Jahrhundert. Damals war das Verlangen nach genauerer Erforschung des norwegischen Vermächtnisses recht hoch, da immer mehr Norweger Stolz auf ihr Land und ihre Geschichte wurden.  
Wir wollen mit unserer Musik die nordische Lebensart einfach greifbarer machen. Um diese mal ganz knapp zu skizzieren: Sei stolz darauf, wo du herkommst und freue dich auf das, wohin dein Weg dich führen wird. Entdecke die Kontinente und erweitere deinen geistigen Horizont.


"Meiner Ansicht nach sollte man bei der Erstellung eines Albums immer darauf achten, dass man es hinterher als ganzes Werk betrachten kann."
Lars über seine Erfolgsstrategie für gute Alben



Jannick: Einige Tracks auf „Norrøn Livskunst“ sind besonders interessant geworden. Speziell auf „Til Heimen Yver Havet“ besingt ihr in langsamen, verträumten Klängen verschiedene Länder (unter anderem auch Deutschland). Auf „Stridsljod (Blackabilly)“ hingegen gebt ihr richtig Gas und verbreitet eine ausgelassene Party-Stimmung. Worum geht es speziell auf diesen Songs?

Lars: „Til Heimen Yver Havet“ handelt davon, wie man genau dort sein Zuhause findet, wohin sein Herz gehört. Jedoch erst, nachdem man die Welt so gesehen hat, wie sie wirklich ist.
„Stridsljod (Blackabilly)“ hingegen ist ein verrückter Partysong, der von einer Möwe handelt, welche als Polizeivogel tätig ist und satanistische Morde aufklärt. Ja, genau das ist es, wovon dieser Songs handelt!  

Solefald4Jannick: Welche Songs sind eure persönlichen Lieblinge auf „Norrøn Livskunst“, und warum ausgerechnet diese?

Lars: Da kann ich wirklich keine speziellen Favoriten herauspicken. Ich liebe das Album als Gesamtwerk.

Jannick: Wie seid ihr eigentlich mit der durch DIMMU BORGIR bekannten Sängerin “Agnete Maria Forfang Kjølsrud” zusammengekommen? Ihr Beitrag macht den Track „Tittentattenteksti“ zu einem extrem aggressiven Song, was einen sehr starken Kontrast zum Opener erzeugt, der ein durchweg ruhiger Folk-Track ist. Welche Hoffnungen hattet ihr, als ihr euch für die Zusammenarbeit mit ihr entschlossen habt?   

Lars: Ich kenne Agnete schon seit einigen Jahren. Zudem ist sie eine meiner Lieblingssängerinnen. Wir haben sie einfach mal gefragt, ob sie nicht Lust hätte, uns auf ein paar Songs mit ihrer Stimme zu unterstützen. Nachdem sie dann die Demoaufnahmen gehört hat, war sie ganz begeistert und nahm die Zusammenarbeit mit uns auf.
Dabei hatten wir die Hoffnung, dass durch sie der Sound von SOLEFALD noch aggressiver und verrückter werden würde…unnötig anzumerken, dass alle Hoffnungen mehr als erfüllt wurden.

Jannick: „Norrøn Livskunst“ ist ein sogar für SOLEFALD-Verhältnisse sehr gewagtes, avantgardistisches Werk geworden. Wenn ich an das letzte ENSLAVED Album „Axioma Ethica Odini“ denke, das ebenso enorm experimentelle Kost bietet, stellt sich mir die Frage, warum immer mehr der alten Bands so einen großen Wert auf Innovation legen. Könnt ihr mir das beantworten?

Lars: Ich denke mal, dass jeder Künstler, der seit über fünfzehn Jahren in diesem Business tätig ist, seinen Horizont erweitern will. Man will sich als Musiker und Songwriter einfach weiterentwickeln.
Gerade in Norwegen stimmt einfach das Umfeld für derartige Experimente, was viele Bands langsam zu begreifen scheinen.

"Sei stolz darauf, wo du herkommst und freue dich auf das, wohin dein Weg dich führen wird. Entdecke die Kontinente und erweitere deinen geistigen Horizont."
Lars über die norwegische Lebensphilosophie


Solefald5Jannick: Wenn ihr an die Anfänge von SOLEFALD zurückdenkt, könnt ihr dann heute behaupten, dass die Band dort ist, wo ihr sie damals haben wolltet? Welche Pläne konnten sich erfüllen und welche nicht? Was erhofft ihr euch von der Zukunft?

Lars: SOLEFALD ist seit der Gründung 1995 sehr weit gekommen. Wir haben viel erreicht, und unser Ziel ist es, einfach weiterhin gute Alben machen zu können. Ich bin sehr glücklich darüber, dass ich meine künstlerischen Bedürfnisse durch das Erschaffen, das Aufnehmen und veröffentlichen von unserer Musik befriedigen kann.

Jannick: Die traditionellen letzen Worte gehören selbstverständlich euch. (Jannick)

Lars: Danke für die Unterstützung.

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