In Göteborg gibt es im melodischen Deathmetal das Dreigestirn aus IN FLAMES, SOILWORK und DARK TRANQUILLITY, welches seit Mitte der Neunziger den dortigen Sound geprägt hat. Anfangs noch musikalisch ähnlich entwickelte man sich in verschiedene Richtungen ohne dabei die typischen Merkmale wie die schnellen Leads nie zu verlieren. DARK TRANQUILLITY brachten mit Synthesizern elektronische Einflüsse in ihren Stil, den sie mit den Jahren verfeinert haben.
Nach einer Pause von drei Jahren veröffentlichten sie im Frühjahr ihr neuntes Album "We Are The Void", mit dem sie bislang noch nicht viel in Europa zu sehen waren. Lediglich im Sommer trat man bei einigen Festivals wie dem Rock Area oder dem slowenischen Metalcamp auf. Im Herbst wird man dann endlich auf eine ausgedehnte Tournee gehen, die auch in Deutschland öfter Station macht.
Auf dem Metalcamp bekam ich durch den Wegfall der Pressekonferenz die Chance ein ausgiebigeres Interview mit den Schweden zu führen. Nach kurzer Wartezeit in dem mehr als skurrilen Pressezentrum im Backstagehotel traf ich auf einen gewitzten, redefreudigen und äußerst gut aufgelegten Mikael Stanne. Der begrüßte uns direkt sehr freundlich und man kam schon vor dem eigentlichen Interview ins Gespräch.
Mikael Stanne: Wunderschön! Gut, da wir erst gestern Nacht angekommen sind haben wir nicht viel gesehen. Als wir heute aufgestanden sind schien die Sonne wir gingen direkt los und sind schon den ganzen Tag unterwegs und uns gefällt alles was wir sehen sehr gut.
Das ist eine coole Umgebung hier, wirklich sehr cool! Es ist schon seltsam, dass ein extremes Metalfest in dm Rahmen stattfindet, aber das finde ich Klasse. So sollten Festivals eigentlich sein, Du bist an schönen Gewässern, kannst zwischen den Bands schwimmen gehen oder was auch immer, Du hast viele Möglichkeiten, ich liebe es. Und das Haus da ist ja wohl auch nur cool! (lacht) Es ist eine Schande, dass wir hier nicht schon öfter gespielt haben, kaum zu glauben.
Pfälzer: Ist es das erste Mal überhaupt, dass ihr in Slowenien seid und werdet ihr noch genug Zeit haben Euch alles anzuschauen?
Mikael Stanne: Nein, wir tourten schon öfter hier aber noch nie auf dem Festival. Und die Zeit ist zu knapp um sich mehr anzuschauen als nur das Gelände. Wir kamen ja wie erwähnt spät an und waren mehr als 24 Stunden unterwegs, weil wir am Donnerstag noch auf einem weiteren Festival in Schweden waren. Wir haben die ganze Zeit auch nicht geschlafen weswegen wir uns direkt hinlegten, nun sind wir den ganzen Tag hier am Treiben, müssen auch ein paar Termine wahrnehmen. Doch das ist normal, für die schönen Dinge bleibt keine Zeit, wir reisen um die ganze Welt, sehen aber kaum etwas davon.
Pfälzer: Über die Probleme klagen viele Bands, aber so ist das Geschäft!
Mikael Stanne: Zu wahr!
Pfälzer: Manche Bands haben da mehr Zeit, die Jungs von KATAKLYSM bzw. EX DEO waren schon am Dienstag hier obwohl sie erst am Donnerstag spielten. Vor ein paar Jahren zogen Abbath von IMMORTAL und die Mitglieder von DISMEMBER die ganze Woche durch.
Mikael Stanne: Oh ja, ich sehe mich jetzt schon im nächsten Jahr ein paar Tage hier verbringen, auch wenn ich nicht auf der Bühne stehe. Ich habe in meiner Heimatstadt viele Freunde, die jedes Jahr hierher kommen und immer schwärmen wie toll es ist. Die kommen in dem Haus eines weiteren Freundes unter, das so nahe liegt, dass man auf das Festival laufen kann. Da muss ich nicht einmal im Zelt übernachten, das wird mir sehr gefallen.
Pfälzer: Ihr habt Eure Tour zum neuen Album in Europa mit den Festivalauftritten begonnen?
Mikael Stanne: So ungefähr, wir waren fast drei Monate in den Staaten unterwegs mit zwei verschiedenen Touren, dann in Südamerika und Kanada. Danach fingen wir mit den Festivals an, wir spielen so viele wie möglich bis September, dann fängt unsere reguläre Headliner-Tour an.
Pfälzer: Unter anderem mit ein paar Konzerten in Deutschland, Frankfurt und Stutgart in unserer Nähe ...
Mikael Stanne: So etwas weiß ich nicht genau, aber wir spielen so ziemlich überall, wir werden sieben Wochen „on the road" sein.
Pfälzer: Wart ihr in den USA als Headliner unterwegs?
Mikael Stanne: Zuerst waren wir Support für KILLSWITCH ENGAGE, dann begann unsere eigene Headliner-Tournee, es waren wie schon gesagt zwei Touren. Die eigene war sehr lang und führte uns auch durch die anderen Länder.
Pfälzer: Wie läuft es für Euch in Nordamerika, immerhin ein sehr wichtiger Markt?
Mikael Stanne: Ja sicher, da sind tonnenweise Metalheads, ein Markt, der sich noch vergrößert und der etwas einbringt. Auf der Tour mit KILLSWITCH ENGAGE konnten wir unsere Musik vielen neuen Fans vorstellen und als wir dann wiederkamen waren viele Leute da, die uns von dieser Tour her kannten. Es läuft anscheinend gut für uns, es werden immer mehr Zuschauer.
Pfälzer: Das neue Album brauchte drei Jahre zur Fertigstellung, zuletzt habt ihr immer eine Zweijahresrhythmus gefahren. Warum dauerte es diesmal länger?
Mikael Stanne: Wir tourten etwas mehr als sonst und machten eine kleine Pause, bevor wir mit dem Songs schreiben anfingen, weil wir ein wenig erschöpft waren. Dazu wussten wir nicht genau in welche Richtung wir gehen wollen. Im vergangenen Jahr haben wir auch noch unsere DVD veröffentlicht und begingen unser zwanzigjähriges Jubiläum, was viel Zeit für die Planung in Anspruch nahm.
Als wir uns dann endlich zusammen setzten um mit dem Schreiben anzufangen dauerte es ein Jahr bis „We Are The Void" erschien. Es war eine sehr intensive Arbeitsphase wegen den ganzen Touren, so dass wir uns nicht stressen wollten. Es hätte auch nichts gebracht etwas Unfertiges raus zu hauen und die Plattenfirma gab uns alle Zeit, die wir brauchten. Der einzige Druck, den wir hatten war unseren eigenen Anspruch zufrieden zu stellen. Am Ende war der Prozess eine der besten Erfahrungen, die ich mit DARK TRANQUILLITY hatte.
"Die Arbeiten am neuen Album waren mit die besten Erfahrungen, die wir mit DARK TRANQUILLITY hatten!"
Alles im Lot im Bandgefüge
Pfälzer: Schreibt ihr keine Lieder während des Tourens?
Mikael Stanne: Nein, nie! Es geht in der Zeit nur um die Auftritte, die Performance und das alles. Es ist zu anstrengend um über neue Musik nachzudenken. Der Rhythmus ist immer der gleiche, Vorbereitung auf die Show, Spielen, danach ein wenig feiern und ab ins Bett. Ich kann mich jedenfalls nicht dran erinnern, dass wir mal auf Tour komponiert haben.
Pfälzer: Von wem stammen die Songs des neuen Albums hauptsächlich?
Mikael Stanne: Das meiste stammt von Niklas (Sundin, Gitarrist, Anm. d. Autors) und Martin (Henriksson, Gitarrist, Anm. d. Autors), Daniel (Antonsson, Bassist, Anm. d. Autors) schrieb ebenfalls ein paar Parts, aber das meiste stammt von den beiden. Im Ganzen teilen sie sich die Anteile an der Scheibe gleich auf.
Pfälzer: Ich finde Deine Texte auf "We Are The Void" fallen ein wenig düsterer aus.
Mikael Stanne: So kann man das auch nennen, sie sind definitiv ernsthafter. Ich verwendete einen etwas anderen Ansatz, weil ich das Gefühl hatte was Besonderes abliefern zu müssen. Wir sind jetzt 20 Jahre als Band zusammen, ein Ereignis, welches ja gefeiert wurde und unser aktueller Longplayer ist der erste der nächsten 20 Jahre. Daher sollte es auch ein sehr wichtiges für uns sein, weil es eine neue Ära einleitet, deshalb haben wir viel darin investiert. Das hatte auch eine Änderung im Songwriting zur Folge und für mich eben eine Veränderung in der Art wie ich meine Lyrics schreibe. Man kann natürlich nicht die letzten 20 Jahre vergessen machen, die Umstellung war schon hart. Doch je härter die Arbeit für etwas ist umso besser ist das Ergebnis und ich bin sehr froh damit.
Pfälzer: Seid ihr auch zufrieden mit den Verkaufszahlen?
Mikael Stanne: (schnaut, lacht) Naja, wie wir alle wissen ist der Tonträgermarkt am Boden, er stirbt förmlich weg. Aber wir schaffen es immer die Zahlen des Vorgängers mindestens zu erreichen, was unser Label zufrieden stellt. Mit den Gesamtzahlen werden sie nicht glücklich sein, aber im Verhältnis lief die Platte gut.
Pfälzer: Vielleicht sollte die Plattenfirma die Scheiben auf Vinyl veröffentlichen, das würde es für einige Leute, wie mich etwa interessanter machen!
Mikael Stanne: Es ist doch auf LP erschienen!
Pfälzer: Oh wirklich, das habe ich nicht mitbekommen, da muss ich mal schauen wo ich mir die besorge. Bislang habe ich "We Are The Void" nur als Download-Promo von Eurem Label gehört.
Mikael Stanne: Wir veröffentlichen jedes Mal auch auf Vinyl! Es ist ein anderer Vertrag, jede Scheibe, die wir bisher gemacht haben ist auf Langspielplatte erschienen, natürlich auf schwerem Vinyl, 180 g, es ist phantastisch und hört sich großartig an, Du solltest es unbedingt antesten. (bekommt ein Leuchten in die Augen)
Pfälzer: Es spricht ja einiges dafür, dass sich der Käufer in Zukunft wieder verstärkt auf Vinyl zurück greift, während der Download ebenso immer mehr Marktanteile bekommt. Die CD, würde also in den Hintergrund treten, wie siehst Du das?
Mikael Stanne: Mir soll es recht sein, ich bin ein großer Fan von Vinyl, ich liebe die Dinger! Wenn Du Sammler bist, dann willst Du etwas ahndfestes haben, möglichst groß und col, ein gutes Artwork, wenn möglich ein Begleitbuch oder auch Gatefold-Cover, darum geht es. Du hast diese Möglichkeiten nicht bei CDs, obwohl es da auch schöne Klapp-Digis mit aufwendigen Booklets gibt, die ebenfalls begehrt sind. Aber das ist nichts verglichen mit einer schönen Gatefold-LP-Hülle, auch wegen des Klangs. Keine Ahnung was der Käufer in Zukunft will, darüber nachzudenken ist nicht meine Aufgabe, darüber sollen sich andere den Kopf zerbrechen.
"Ich liebe Vinyl, da hat man etwas Richtiges in der Hand, das ist einfach verdammt cooler!"
Stanne ist ganz der Fan geblieben
Pfälzer: Sorry, uns wurde gerade signalisiert zum Ende zu kommen, Du hast noch ein anderes Interview, schade, ich hätte mich gerne noch länger mit Dir unterhalten.
Mikael Stanne: Oh echt, schade! Ich weiß selbst nicht so genau welche Termine wir noch haben.
Pfälzer: Scheinbar auch direkt im Anschluss noch ein Meet&Greet, was mich zur letzten Frage bringt: Was können wir von der Show heute Abend erwarten?
Mikael Stanne: Es ist ja ein schöner langer Gig für ein Festival, eine ganze Stunde, das gefällt uns. Wir haben natürlich eine Menge neuer Songs, aber auch einen guten Querschnitt durch die anderen Alben, da lässt sich schon einiges machen. Es wird sicher klasse, es ist heiß, wir werden viel schwitzen und danach ziemlich übel riechen. Ich werde das SABBAT-T-Shirt anziehen, dass ich heute hier erstanden habe, da bin ich richtig stolz drauf (freut sich sichtlich). Ich kann es kaum erwarten das es los geht, ich hasse es rumzusitzen und zu warten, ich will einfach raus auf die Bühne. Noch ein paar Stunden, dann ist es soweit, es wird sicher cool.
Pfälzer: Ich freue mich auch darauf! Dann will ich Dir danken, dass Du Dir die Zeit genommen hast für dieses Interview, wie sehen uns heute Abend!
Mikael Stanne: Auf alle Fälle! Danke auch!
Noch einen herzlichen Dank an Ana Lipec vom Metalcamp-Team!
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