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satyricon-band2.jpgÜber SATYRICON braucht man sicherlich keine großen Worte mehr verlieren. Das Zweigestirn Satyr/Frost hat es mittlerweile in die "First Class" des Black Metals geschafft und macht somit den kommerzieller ausgerichteten Bands wie CRADLE OF FILTH und DIMMU BORGIR so langsam aber sicher schwerstens Konkurrenz.
Von den folkloristisch beeinflussten, rohen Anfängen über Industrial-Experimente haben SATYRICON nun schon so einiges an Einflüssen in ihrer Musik geltend gemacht; ebenso änderte sich stets das optische Auftreten von Frost und Satyr.
Umso spannender war es somit, einen der beiden Masterminds für ein Interview erhaschen zu können. Diese Möglichkeit ergab sich für NECKBREAKER bei der "Age of Nero"-Tour Ende 2008 in der Saarbrücker Garage. Ein frierender und scheinbar müder Satyr empfing uns mit Baseball-Cap und Trainingsjacke gekleidet; nicht nur das Erscheinungsbild des Frontmanns backstage sollte die letzte unerwartete Überraschung bleiben...

In seinem separaten Raum hat es sich Satyr so heimisch wie nur möglich gemacht: Eine (mit Kreuz nach unten zeigende) norwegische Flagge hängt an der Wand, eine Gitarre plus Amp steht bereit, einen i-Pod inklusive Station, Wein und eine bequeme Couch sollen es dem charismatischen Frontmann behaglich machen - wenn es nicht so arschkalt wäre! Die Heizung ist voll aufgedreht, aber Wärme vermag sie nicht zu verstrahlen - der fröstelnde Satyr schlägt die Arme zusammen und kauert sich in seinen Zweisitzer. Wenigstens bringt ihm Tourmanager Marcus eine Tasse heissen Wassers und Teebeutel, derer sich Satyr auch umgehend annimmt.
"Keine optimalen Voraussetzungen, einem Musiker Worte zu entlocken!" denke ich so bei mir und bin erst einmal höflich:

Brix: Kann es sein, daß du sehr frierst? 

Satyr: Ja, schon. Weißt du, das ist immer am Ende einer Tour: Wenn der Körper müde und ausgelaugt wird, frierst du auch schneller! Aber hier drin ist es doch auch schweinekalt, oder? 

Brix: Joa, allerdings! Aber eigentlich sollte man doch davon ausgehen, daß du als Skandinave kalte Temperaturen gewöhnt sein solltest !?!

Satyr (lächelnd): Das bin ich auch. Aber ich denke, dies hier hat eher mit der sich anschleichenden Erschöpfung zu tun und daß wir durch viele verschiedene Klimata in kurzer Zeit gereist sind. 

Brix: Das ist dann allzu verständlich, sicher. Ihr seid nun zum zweiten Mal in Saarbrücken zu Gast; ich kann mich noch sehr gut an die Show von vor zwei Jahren hier erinnern. Das war wirklich ein sehr geiles Erlebnis für uns und die meisten Anwesenden.

satyr-wff1.jpgSatyr: Das war für uns ebenso ein sehr großes Erlebnis, denn es gab an diesem Abend ein paar wirklich magische Momente, an die ich mich erinnere, als ob sie gerade erst gestern geschehen wären. Insbesondere, wenn ich das Ganze aus einer persönlichen Sicht betrachte: Bestimmte Augenblicke in bestimmten Songs waren für mich sehr, sehr spirituell. 
So ist es kein Wunder, daß ich mich an viele Songs und ihre speziellen Momente ziemlich gut erinnern kann.

Brix: Ich glaube, da hattet ihr sogar "To the Mountains" gewissermaßen als Weltpremiere live aufgeführt...

Satyr: Ja, und das werden wir heute Abend erneut tun. Dies war beispielsweise einer dieser "magischen Momente"! Auf der diesjährigen Tour haben wir das Stück nur wenige Male gespielt und aus den genannten Gründen darf Saarbrücken wieder in den Genuss kommen.

Brix: Das finde ich gut! Das war live tatsächlich ein sehr intensiver und massiver Song.
Bei der Show vor zwei Jahren hatten vor allem die Fans aus dem angrenzenden Frankreich Anteil an der sehr guten Atmosphäre...

Satyr: Auf jeden Fall! Der Unterschied zwischen deutschem und französischem Publikum ist ohnehin ziemlich groß: Die Franzosen sind weitaus lebhafter als die Deutschen.
Aber ich befürchte, daß heute Abend nicht so viel los sein wird; der Vorverkauf lief mehr als schleppend. Der Veranstalter schlug uns daraufhin vor, in eine kleinere Location umzuziehen (vermutlich ins ROXY Anm.d.Red.), um Produktionskosten zu sparen. Aber das hätte gleichzeitig einen schlechteren Sound und mieses Licht bedeutet.
Also musste ich den Veranstaltern mitteilen, daß ich lieber vor schätzungsweise 300 Leuten in einer großen Halle mit ordentlichem Sound spiele, als in einer Kleineren mit beschissenem Sound, nur damit es optisch "voll" aussieht. Alles nur eine "Ego"-Sache.
Ich weiß zwar nicht, warum der Vorverkauf so mies lief, denn bisher war die Tour meistens sehr gut besucht. Gestern beispielsweise in Stuttgart war der Laden randvoll; genauso wie in Frankfurt. Kommenden Samstag spielen wir in Hamburg und dort ist auch schon nahezu ausverkauft. Deshalb kann ich mir nicht so recht erklären, warum es hier schlecht aussieht.


"Also musste ich den Veranstaltern mitteilen, daß ich lieber vor schätzungsweise 300 Leuten in einer großen Halle mit ordentlichem Sound spiele, als in einer Kleineren mit beschissenem Sound, nur damit es optisch "voll" aussieht."

Satyr ist unter allen Umständen um eine gute Show bemüht

Brix: Ich habe da so eine Vermutung: In letzter Zeit waren hier fast alle großen Touren, fast jede Woche ein großes Package. Ob das nun das FILTH-FEST, die PERSISTANCE TOUR oder das METALFEST war, hier ging es gut zur Sache. Und die Leute haben leider nicht die Kohle, sich alles anzusehen - mal ganz von den Weihnachtausgaben abgesehen... 

Satyr: Aber das ist doch in den anderen Städten genauso!

Brix: Sicherlich, aber wir sind hier nur das kleine Saarland mit knapp einer Million Einwohnern und nicht Hamburg, Frankfurt, Berlin...also picken sich die Leute hier ihre Highlights heraus. Traurigerweise wart ihr nun nicht in der Auswahl.

Satyr: Na gut, wir werden jedenfalls trotzdem eine gute Show abliefern!

Brix: Da habe ich auch gar keine Befürchtungen. Auffälligerweise endet die Tour mit vielen Dates in Deutschland. Besteht da für euch so was wie eine engere Bindung zu den deutschen Fans oder unserem Land? 

satyr-sb1.jpgSatyr: Nun, Deutschland ist riesig! Eines der größten Länder in Europa, wenn nicht sogar das Grösste!

Brix: Ist nicht Frankreich noch etwas größer?

Satyr: Auf die Fläche bezogen schon. Aber ich meinte auch im Verhältnis der Einwohner zur Fläche. Nimm mal Italien: Da wohnen rund 50-60 Millionen Menschen in einer Fläche, die 4 mal in Norwegen hineinpasst - und da wohnen gerade mal 4,6 Millionen..
Aber um zurück zu deiner Frage zu kommen: Eine besondere Bedeutung hat Deutschland nicht für uns. Sicher, es ist ein Land mit einer langen Historie und was den Metal angeht, gibt es auch überdurchschnittlich viele Fans. Sowohl in den großen Städten, als auch in ländlicheren Regionen, somit ergibt sich auch zwangsläufig ein rentabler Markt für sämtliche Metal-Sparten.
Insgesamt sind es ganze zehn Shows auf dieser Tour und das hat eher praktische bzw. logistische Gründe eine Tour in Deutschland zu starten und zu beenden: Da wir Fähren zum Übersetzen auf den Kontinent nehmen, bietet sich die Strecke Oslo-Kiel bestens an.
Wir haben insgesamt eine recht große Produktion mit dreizehn Leuten und fünf Containern voll mit Licht- und Sound-Equipment im Schlepptau...alleine zwanzig Gitarren haben wir im Gepäck!

Brix: Kommen wir zum neuen Album "The Age of Nero". Für mich bedeutet die Scheibe erneut eine musikalische Offenbarung SATYRICON´s: Die schnellen Stücke wie "Commando" oder "Die by my Hand" ballern wieder einmal sehr amtlich; die langsameren Teile wie "Den Siste" und "The Sign of the Trident" vermögen den Hörer unmittelbar auf die dunkle Seite zu ziehen.
Andererseits scheint es für mich so, daß die Experimente vergangener Tage ad acta gelegt sind. Hat SATYRICON so etwas wie seinen "Stil" gefunden?

Satyr: Also ich denke, ein wesentlicher Bestandteil unseres "Stils" ist es, nach vorne zu kommen.  Weiterhin sehe ich uns als sehr bodenständige Band, die ihren Weg geradeaus nimmt und nicht nach links oder rechts ausweichen muss, da der Weg für uns klar ist. Ich vergleiche uns auch mit einem Schiff, das ständig in See sticht, aber manchmal an einem Hafen anhält, um neue Fracht zu laden. Wir sind gewissermaßen ebenso ständig in Bewegung und in Veränderung.
Aber die Basis bzw. das Fundament wird immer das Gleiche bleiben. Und diese besteht aus meiner Art, Songs zu schreiben, quasi meiner Handschrift. Genauso die Handschrift Frost´s, als Drummer oder meine Stimme und die Art, wie ich Gitarre spiele. Egal, welche Musik wir jemals schreiben, du wirst immer erkennen, daß sie von SATYRICON stammt. Das ist glaube ich eine der größten Stärken unserer Band.


"Ich vergleiche uns auch mit einem Schiff, das ständig in See sticht, aber manchmal an einem Hafen anhält, um neue Fracht zu laden. Wir sind gewissermaßen ebenso ständig in Bewegung und in Veränderung."

SATYRICON in einer maritimen Metapher umschrieben

Dabei können wir genauso geradlinige, eingängige, energetische und enthusiastische Songs wie "Black Crow on a Tombstone" schreiben, wie auch spirituelle und atmosphärische Reisen wie "Den Siste". SATYRICON kann beides und das ist noch so eine gewaltige Stärke von uns. Viele Bands können sich nur auf eine dieser beiden Dinge ausrichten; oder wenn sie beides versuchen klingt eines davon schlecht. 
Deshalb bewundere ich auch Bands, die dies ebenso beherrschen wie THE DOORS, LED ZEPPELIN, DEEP PURPLE und natürlich BLACK SABBATH - diese konnten ebenso eingängige Drei-Minuten-Rocker schreiben wie auch Zehn-Minuten-Epen. Was mich an diesen Bands auch sehr begeistert, ist ihre Dynamik.

(Satyr beginnt, an seiner Klampfe zu fummeln, stöpselt sie ein und schaltet den Verstärker an...
"Der Gute hat wohl keinen Bock mehr zu labern und jammed jetzt gelangweilt herum!" denke ich bei mir und werde aber eines Besseren belehrt: Anhand verschiedener Anschlagtechniken und Verzerr-Einstellungen erklärt er den Unterschied in den musikalischen Dynamiken und Klangfarben. Das ist natürlich hier im O-Ton nicht wiedergebbar.
Ergebnis: Metal an sich ist oft durch einfältige Verzerrung limitiert und kann somit nicht die komplette Dynamik und Klangfarbe der Gitarre auslotsen. Deshalb schreiben viele Bands seiner Ansicht nach gleichförmige Songs und Alben.)

Satyr fährt fort: Viele Hörer haben einfach keine Geduld mehr, Vielschichtigkeit zu erfassen. Deshalb nervt es mich auch, wenn Fans zu mir kommen und mir erzählen: "Ich mag das neue Album, aber es sind zu wenig schnelle Parts drauf" oder ähnlichen Sprüchen. Dann sollen sie sich alte NAPALM DEATH oder so anhören, meinetwegen! Schnelliglkeit alleine ist für mich kein Qualitätsmerkmal für Musik. Dynamik und verschiedene Klangtemperaturen machen den Unterschied. Verschiedene Tempi, Heaviness und Eingängigkeit zu besitzen ist eine Art Kunst.
Darum ziehe ich auch den Hut vor einer Band wie SYSTEM OF A DOWN! Auch wenn mir die Musik an sich nicht gefällt: Die beherrschen die unterschiedlichen Dynamiken sehr gut, und das ist eines der schwersten Dinge in der Musik.

Brix: Was kannst du uns über das Thema bzw. Konzept "Nero" erzählen. Dieser Kaiser soll eine Person gewesen sein, die lediglich auf ihre eigenen Vorteile bedacht war, ohne sich um die Pflichten als Kaiser eines riesengroßen Reiches zu kümmern. Besteht da vielleicht thematisch eine Verbindung zu den Führern der heutigen Zeit? 

satyricon_-_the_age_of_nero.jpgSatyr: Nun, nicht ganz. Zuallererst bezieht sich der Titel "The Age of Nero" auf das italienische Wort für "Schwarz" = "Nero". Und die einzige Verbindung zum Kaiser Nero, ist die, daß er der letzte römische Kaiser war. Dieses römische Reich war das wohl Größte und Mächtigste Imperium, daß unsere Welt je gesehen hat. Es war sehr gut durchstrukturiert und technisch sowie architektonisch sehr weit fortgeschritten zu dieser Zeit. So gesehen beherrschte das römische Reich die Erde.
Aber dieser Nero war einfach total durchgeknallt. Und durch diesen Wahnsinn zerstörte er diese mächtige Struktur. Wir leben heute ebenso in einem "schwarzen" Zeitalter; es sind gerade dunkle Zeiten, wo es viele Erdbeben, Tsunamis, Hurricanes, Überflutungen, Hungersnöte, Kriege, riesige Ozonlöcher usw. gibt. Und selbst, wenn dies alles morgen aufhören würde, wären wir immer noch in Nöten, da wir dem Planeten schon soviel Schlimmes angetan haben. Leider wird die Katastrofen morgen eben nicht gestoppt sein können, und deshalb ist die Situation umso dramatischer.
Um eine ernsthafte Veränderung herbeiführen zu können, müssten viele Leute an einem Strang ziehen, was sie aber nicht tun. SATYRICON sind sicherlich keine politische Band, aber meine persönliche Meinung lautet: Wenn sich wirklich etwas an unserer Welt ernsthaft ändern soll, müssen alle Großmächte zusammenarbeiten, egal ob die USA, Russland, China oder die europäischen Länder. Und das wird so nie passieren. Mit der Welt geht es immer weiter abwärts, so daß man bald von einem Armageddon, dem Weltuntergang reden kann. Ein Thema, mit dem sich viele Kulturen und Religionen befasst hat, was aber immer irgendwie weit weg und fiktiv erschien. Aber für mich scheint es mittlerweile in greifbarer Nähe. Die Wahrscheinlichkeit, daß unsere oder die nächste Generation dies erleben wird, ist hoch. Überleg mal: Da waren gerade mal ein wenig mehr als zwanzig Jahre zwischen den beiden Weltkriegen. Und seitdem stand die Welt nie mehr still. Ob es der Krieg im mittleren Osten, Vietnam, die Golfkriege und Afghanistan waren oder was auch immer. Und jetzt stell dir vor, die Russen drehen mal am Rad oder Iran und Nordkorea bekommen Atomwaffen: Das würde den dritten Weltkrieg bedeuten! Dann denke zurück: Im zweiten Weltkrieg gab es Waffen, die eine ganze Stadt zerstören konnten. Jetzt gibt es Waffen, die ganze Länder verwüsten würden. (lacht bitter) Oder sogar Kontinente, wenn du mehrere von diesen Bomben auf einmal abwirfst.
So ist die Fähigkeit der Menschheit zur Zerstörung auf einem ganz anderen Level als noch vor wenigen Jahrzehnten; genauso wie der Wille, zu zerstören. Das einzige, was sie zurückhalt, ist die Angst, daß ein erster Schlag kein Popel-Krieg bedeuten wird, sondern das totale Ende für alle. Und deshalb will niemand als Erstes den Knopf drücken.


"Mit der Welt geht es immer weiter abwärts, so daß man bald von einem Armageddon, dem Weltuntergang reden kann. Ein Thema, mit dem sich viele Kulturen und Religionen befasst hat, was aber immer irgendwie weit weg und fiktiv erschien. Aber für mich scheint es mittlerweile in greifbarer Nähe."

Satyr hat das dunkle Zeitalter mit noch dunklerem Ende vor Augen

Ich schreibe über diese Dinge in meinen Texten nicht explizit, aber es beeinflusst mein Denken und meine Sicht auf die Dinge in der Welt. Es erfüllt meine Seele mit dunklen Gefühlen. Als ich die Musik für dieses Album schrieb, verbrachte ich alleine viel Zeit in einer Hütte in den Bergen. So war ich also nicht durch eMails, Telefonanrufe oder anderen Kram gestört und hatte eine Menge Zeit, mich mit meinen Instrumenten hinzusetzen und zu arbeiten. Diese Einsamkeit und Abgeschiedenheit förderte wohl auch die verstärkte Dunkelheit auf dem Album. So schließt sich thematisch der Kreis: "The Age of Nero", das dunkle Zeitalter.
Insofern passt auch die Metapher auf den Kaiser Nero, der sein Reich in den Abgrund führte, so wie es auch die Menschheit heutzutage mit dem Planeten tut. 

Brix: Das Album enterte die deutschen Verkaufscharts auf Platz 73. Hast du solche Geschichten im Auge? Bist du zufrieden mit den Verkäufen?

Satyr: Natürlich habe ich dies mit großer Zufriedenheit vernommen! Das war die Belohnung für uns und all diejenigen, die die Band seit vielen Jahren unterstützen. 
Aber diese Chartplatzierung sind nicht ganz repräsentativ. Es kommt auch immer darauf an, wieviel die anderen Künstler zu dieser Zeit verkaufen. Ein Beispiel: "Now, Diabolical" stieg auf Platz 2 der norwegischen Charts ein und "The Age of Nero" auf Platz 5. Aber dennoch verkaufte es sich zahlenmäßig mehr als der Vorgänger, trotz der höheren Platzierung. Aber als "Now, Diabolical" heraus kam, gab es gerade kaum andere relevante Veröffentlichungen.
Das war aktuell ganz anders: Es kam die neue AC/DC, die neue METALLICA und drei, vier in Norwegen sehr große Pop-Bands mit den neuen Alben auf den Markt. Deshalb war der Einstieg auch verhältnismäßig schlecht, auch wenn sich die Scheibe quantitativ besser verkaufte als jedes SATYRICON-Album zuvor! Daher ist die Platzierung für sich nicht aussagekräftig genug.
Auch auf ganz Europa bezogen haben wir zugelegt: "The Age of Nero" hat sich in einem Monat schon genauso viel verkauft, wie "Now, Diabolical" innerhalb von zwei Jahren. Für uns ist das der in unseren Augen verdiente Lohn für harte Arbeit.
Das Wichtigste für mich allerdings ist immer noch, daß die Leute die neuen Songs auch live zu mögen scheinen; die zünden so ziemlich alle auch von der Bühne aus.

satyricon-band.jpgBrix: SATYRICON waren seit jeher dafür bekannt, ihren eigenen Weg zu gehen, egal welche Art von Kritik es je gehagelt hat. Manche nahmen schnell das Wort "Ausverkauf!" in den Mund, als ihr von einem Major-Label gesigned wurdet, manche haben sich von euch abgewandt, als ihr musikalische Experimente gewagt habt, wie Hammond-Orgel-Töne und Industrial-Sounds auf der "Rebel Extravaganza"-Scheibe. Gab es jemals eine Art von Kritik, mit der ihr nicht zurecht kamt und die euch von eurem Weg noch hätte abbringen können? 

Satyr (lacht beinahe hämisch): Oh nein, niemals! So darfst du niemals denken, wenn du an dich glaubst. Nehmen wir zum Beispiel die Sache mit dem Label: Das hat der Band nur gut getan! Man hat durch das größere Budget mehr Möglichkeiten und kann seine künstlerischen Ziele viel einfacher verwirklichen. In der Vergangenheit gab es solche Fälle, zum Beispiel fällt mir da die Sache mit Island ein...warst du da schon mal gewesen? 

Brix: Nein, leider nicht!

Satyr: Das solltest du mal tun, kann ich nur empfehlen! Dort gibt es viel vulkanische Landschaften und man meint, man befindet sich auf der Mondoberfläche. Natürlich darf man die Geysire mit ihren Rauchspalten usw. nicht vergessen, das erscheint beinahe wie eine Fantasiewelt. Dann gibt es noch viele historische Gebäude, in denen damals die Wikinger ihre strategischen Sitzungen abhielten, alles absolut fantastisch!
Nun, was das mit uns zu tun hat: Als wir zur "Volcano" zu einem größeren Label wechselten, schlug ich vor, dort Foto´s für das Album machen zu lassen. Und es kam einfach nur ein "OK!" (lacht). Unter den vorherigen, schmäleren Bedingungen ging so etwas einfach nicht und wir konnten so viele Ideen einfach nicht umsetzen. Und das frustriert einen kreativen Geist schon sehr.
Oder auch, wenn du mal eine Woche länger zum Mixen brauchst. Dies scheiterte damals an den Kosten, heute heisst es: Macht solange ihr braucht! Also ergaben sich für uns nur positive Aspekte.
Aber das ist leider die typische Reaktion beim Punk, Hardcore, Metal: Es gibt zu viel "Politik" und Gerede. Ja, sogar beim Hip-Hop ist dem so, soweit ich das beurteilen kann.
Ich für meinen Teil nehme "Gute Musik" ernst. "Gute Musik" bedeutet in diesem Sinne "ehrlich", "kommt von Herzen" und ich kann mit meinem musikalischen Ohr erkennen, ob der Künstler seine Musik liebt.    
Aber manche Leute meinen so etwas anhand des Labels der Band beurteilen zu können, was selbstverständlich völliger Bullshit ist. 

Brix: Wahre Worte! Einer eurer prominentesten Fans ist sicherlich Phil Anselmo (PANTERA, DOWN, SUPERJOINT RITUAL). Wie entstand damals eigentlich der Kontakt zu ihm? Und wie nützlich ist solche Art von Promotion?

Satyr: Ich denke schon, daß uns dies eine Zeitlang etwas genutzt hat. Phil hat viel über SATYRICON gesprochen und viele PANTERA-Fans, die uns noch nicht kannten, haben Gefallen an uns gefunden. Ausserdem nahm er uns als Vorband mit auf Tour...warst du damals auf einer dieser Konzerte? 

Brix: Nein, leider nicht.


"Phillip ist ausserdem ein sehr witziger Typ. Er hat einen großen Sinn für Humor. Ich freue mich auf jedes Treffen mit ihm, da ich weiss, daß ich eine Menge lachen werde!"

Eine tiefe Freundschaft verbindet SATYRICON mit Phil Anselmo

Satyr: Schade, denn das war die allerletzte Europatournee von PANTERA zur "Reinventing the Steel"-Scheibe! Später sollte zwar noch eine Weitere stattfinden, wurde aber wegen der Terroranschläge abgesagt. Aber auf der Tour, bei der wir noch dabei waren, gab es nur wenige Deutschland-Dates, drei oder vier in Berlin, Hamburg und Köln glaube ich.
Für uns war dies jedoch so was wie der Durchbruch. Vorher waren wir "nur" eine kleine Untergrund-Black-Metal-Band und seitdem hatten wir uns einen Namen auch in der Presse gemacht und viel mehr Leute erreicht, da auch in den großen Magazinen über uns geschrieben wurde.
Phil ist einfach ein riesiger Musik-Fan und SATYRICON waren halt eine seiner Lieblinge. Ich habe sogar mit ihm zusammen in einem Projekt namens EIBON Musik gemacht. Leider haben wir das Album nie fertig gestellt. Das hat mehrere Gründe: Wir sind beide sehr beschäftigt mit unseren Hauptbands, er hatte ne schwere Zeit durch seine Suchtprobleme und damals auch noch ständig Ärger mit PANTERA. Aber fünf Songs haben wir dann doch auf Tape gebannt bekommen.
Er ist mittlerweile ein wirklich sehr guter Freund von uns geworden. Anfangs war er einfach nur der "Star", der unsere Musik mochte und uns durch die PR half. Aber daraus ist eine wahre Freundschaft gewachsen. Viele Leute missverstehen Phil oft, dabei ist er einer wirklicher Musikliebhaber, einer der Leidenschaftlichsten, die ich jemals in meinem Leben getroffen habe! Er hört und spielt Musik 24 Stunden am Tag! Das ist das einzige, wofür er lebt. Und natürlich Boxen! Er liebt Boxen! (lacht) Aber sonst gibt es nur Musik für ihn.
Phillip ist ausserdem ein sehr witziger Typ. Er hat einen großen Sinn für Humor. Ich freue mich auf jedes Treffen mit ihm, da ich weiss, daß ich eine Menge lachen werde! (strahlt übers ganze Gesicht). satyrphil.jpg

Brix: Ja, diese Leidenschaft merkt man ihm wirklich an! Ich habe ihn zwar nur mit DOWN live gesehen, aber auf der Bühne kommt jeder Ton von ihm von Herzen! So etwas kann man nicht spielen, das ist ehrlich.

Satyr: Auf alle Fälle! Bei der letzten DOWN-Tour in Oslo kamen Frost und ich auf die Bühne und spielten bei einem Song mit. Ich übernahm Pepper Keenan´s Klampfe und Frost spielte (natürlich) Drums. Da haben wir dann ein wenig mitgejammed. Ich kannte den Song noch nicht mal, Pepper zeigte mir vorher einfach die Akkorde und ich improvisierte dann..das war echt komisch!(lacht)

Brix: Das kann ich mir gut vorstellen! Wie schätzt du eigentlich die Situation für Black Metal in Amerika ein? Gibt es da mittlerweile so etwas wie eine gewachsene "Szene"? 

Satyr: Keine Ahnung. Wir versuchen uns möglichst aus so etwas wie einer "Szene" herauszuhalten. In den Staaten werden wir Januar/Februar 2009 eine Package-Tourmit SEPTIC FLESH und CRADLE OF FILTH machen und danach ruhen wir uns ein paar Wochen aus, um dann wieder länger in den USA unterwegs zu sein. Das wird eine recht lange Tour und dann werden wir schon sehen, wie es in Amerika steht!

Brix: Ich gehe davon aus, daß dies nicht eure erste Tour in Übersee ist..

Satyr:  Nein, aber dieses Mal wird die Tour mit diesem starken Package recht groß angelegt sein; wir spielen in größeren Städten und Hallen. "The Age of Nero" wird mit Beginn der Tour am 13.Januar in Amerika erscheinen, die Tour startet dann am 15. Das sollte recht interessant werden, ich freue mich schon darauf! 

Brix: Das war schon der Vorausblick ins nächste Jahr, aber hier bewegt sich 2008 gerade seinem Ende zu: Was waren denn deine Lieblingsalben in diesem Jahr? 


"Ich weiss nur, daß die Songs sehr lang waren und viele verschiedene Parts aneinandergereiht wurden, so daß ich mich desöfteren fragen musste, ob dies jetzt schon ein anderer Song ist oder nicht.
Ich denke, ich brauche auch noch mehr Zeit, um mich richtig hineinzuhören."

METALLICA-Fan Satyr hat noch so seine Schwierigkeiten mit "Death Magnetic"

Satyr: Das neue PORTISHEAD-Album, "Third" zu allererst. Ja, da kam ansonsten nichts heran.

Brix: Interessant. Ich habe gehört, daß du ein Fan der alten METALLICA bist...was hälst du von "Death Magnetic"?

Satyr: Ich habe das Album erst seit Beginn dieser Tour. Wenn wir in Plattenläden Autogrammstunden geben, dürfen wir uns hinterher öfter mal CD`s aussuchen, und da ich die Scheibe noch nicht gehört hatte, habe ich sie mir dann bei einer solchen Gelegenheit endlich zugelegt, dazu ebenso die neue AC/DC. Aber irgendwie hat mein Techniker beim Versuch, an meinem I-Pod etwas einzustellen, irgendwelche Knöpfe gedrückt und alles weggelöscht!
Dann hat er mir halt Musik von seinem Computer überspielt...ich weiß jetzt gar nicht, ob die Scheibe da noch dabei ist...(nestelt am I-Pod herum)..ahja... "Death Magnetic"...da ist sie ja doch! "My Apocalypse", genau, dieser Song gefiel mir sofort recht gut. Er erinnerte mich an die "...and Justice for all"-Zeiten. Für mich ist es noch zu früh, mir ein endgültiges Bild von dem Album zu machen, aber die Leute scheinen es zu mögen. Ich weiss nur, daß die Songs sehr lang waren und viele verschiedene Parts aneinandergereiht wurden, so daß ich mich desöfteren fragen musste, ob dies jetzt schon ein anderer Song ist oder nicht.
Ich denke, ich brauche auch noch mehr Zeit, um mich richtig hineinzuhören.  

Brix: Ja, die habe ich ebenso gebraucht.

Satyr: Und? Magst du die CD? 

Brix: Nun, mittlerweile schon. Wie du schon sagtest: Die Lieder sind recht lange gehalten, was manchmal echt zuviel des Guten ist! Aber dafür fiedelt Kirk wieder richtig geile Soli..das muss man schon sagen. Da kommt teilweise schon ein wenig das "Achtziger-METALLICA-Feeling" auf.

Satyr: Es wird interessant sein, die Songs live zu hören. Ich habe METALLICA schon so oft live gesehen und sie waren immer sehr gut. Im Set waren jedes Mal eine ganze Menge alter Kracher.

dsc07620.jpgBrix: Dann wagen wir doch noch schnell einen Blick ins kommende Jahr: Habt ihr schon die Festivalplanung in der Mache?  Werdet ihr in Deutschland spielen?

Satyr: Ich denke, das werden ein paar dabei sein - wir stecken zwar noch in den Verhandlungen, aber es werden wohl schon ein Dates werden.

Brix: Wir würden uns ja ziemlich auf SATYRICON beim WITH FULL FORCE freuen... *grins*

Satyr (verschmitzt): Warten wir es doch mal ab...

Brix: Gut, dann sind wir am Ende des Interviews angelangt; Vielen Dank für die lange Zeit, die du NECKBREAKER geopfert hast (Anm.d.Red: "Normalerweise" dauern Interviews mit Satyr um die 20 Minuten, hier war es nahezu eine Dreiviertelstunde!!), eine gute Show heute Abend und viel Erfolg weiterhin für SATYRICON!

Satyr: Absolut kein Problem! Vielen Dank für die Arbeit und die guten Wünsche Wir sehen uns!


An dieser Stelle muss ich dem guten Sigurd nochmals ein fettes Dankeschön für dieses unterhaltsame und sehr interessante Interview (zu den für ihn relativ widrigen Bedingungen!) ausrichten - ebenso gehen liebe Grüsse an Theresa von ROADRUNNER, die alles prima arrangiert hat!
Der nachfolgenden Show war, wie im Bericht zu lesen, nichts von der Enttäuschung über das geringe Zuschaueraufkommen zu spüren, im Gegenteil! Für die, die da waren, gab es eine perfekte SATYRICON-Show - was für die immer noch bestehende Bodenständigkeit und Professionalität der Band spricht.

In diesem Sinne: Raise the Horns for SATYRICON!!!

(Brix)

 

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