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interview_presenceofmind_01.jpgVor einigen Wochen hat die All-Girl Emo-Rock Band PRESENCE OF MIND ihr drittes Album "Worlds Collide" (Review gibt's hier) veröffentlicht und wenn die altbekannte Regel zutrifft, dass das dritte Album einer Band, das "Make it or braek it" Album ist, dann steht den 4 jungen Damen eine rosige Zukunft bevor. "Worlds Collide" besitzt die seltene Gabe, dass es sogar einen Metaller wie mich von der ersten bis zur letzten Minute überzeugt.
Ich hatte die Möglichkeit, Sängerin Sarah Steinbrecher mit einigen Fragen zu löschern und sie gab freundlich Auskunft über das aktuelle Meisterwerk, die Geschichte der Band und noch so einiges mehr!

Viel Spaß beim lesen!  


Maik:
Hallo Sarah,
erst einmal möchte ich Dir und Deiner Band zu „Worlds Collide“ gratulieren, ein wirklich tolles Album ist Euch da gelungen. Auch wenn ich zugeben muss, dass mir die Kategorie "Emo-Rock" am Anfang einen großen Schrecken eingejagt hat, da „Emo“ so alles andere als meine bevorzugte Musikrichtung ist. Trotzdem ist es Euch gelungen, mich mit Eurem aktuellen Album zu überzeugen, was vermutlich auch daran liegt, dass dieses überhaupt nicht typisch „Emo“ klingt, wie ich finde. Bist Du denn mit der Stilbezeichnung Eurer Plattenfirma zufrieden oder ist es Dir egal, in welche Schublade man PRESENCE OF MIND steckt?
 

interview_presenceofmind_04.jpgSarah:
Ich habe unsere Musik immer als sehr zeitlos empfunden, was "Emo" in seinem derzeitigem Erscheinungsbild sicherlich nicht ist. Für mich bedeutet „Emo“, dass der Fokus unserer Musik Gefühle sind. Leider wirkt diese Bezeichnung auf viele Musikhörer abschreckend weil "Emo" mit der derzeitigen Jugendkultur in Verbindung gebracht wird.

Maik:
Wir von Neckbreaker sind ein Onlinemag, das sich vor allem mit den diversen Formen des Heavy Metals auseinandersetzt. Also eigentlich nicht unbedingt die wichtigste Zielgruppe für eine Band wie PRESENCE OF MIND. Wie würdest Du denn einen Metaller davon überzeugen, dass er sich einmal näher mit „Worlds Collide“ beschäftigt?

Sarah:
Menschen, die offen für qualitative oder ausdrucksstarke Musik sind, sollten sich mehr als eine Tür offen halten. Tolle Musik gibt es in jedem Genre. Eingefahrenen Metalheads empfehle ich weiter Metal zu hören. Menschen mit Leidenschaft für Musik empfehle ich unsere Platte zu kaufen.

Maik:
Und warum sollten Deiner Meinung nach alle anderen Leute gerade „Worlds Collide“ aus der aktuellen Flut von Veröffentlichungen herauspicken?

Sarah:
Sie ist authentisch, mit viel Liebe aufgenommen worden und hat viel zu erzählen.

Maik:
Gerade vor diesem Hintergrund dürften PRESENCE OF MIND unseren Lesern noch nicht so bekannt sein. Könntest Du mir vielleicht kurz und knapp etwas über die Geschichte der Band erzählen und war es von Beginn an geplant, dass es eine reine Girl-Band werden sollte oder hat sich das einfach so ergeben?
  

Sarah:
Sina, Anna und ich machen zusammen Musik, seitdem wir 12 Jahre alt sind. Das war quasi ein Zufall und keine feministische Überzeugung. Die Band haben wir 2001 gegründet. Seither haben wir ab 2005 jedes Jahr eine Platte veröffentlicht, 5 Touren mit insgesamt ca. 200 Konzerten in Deutschland, England, Bosnien, Kroatien, Österreich, Belgien, Holland und der Schweiz gespielt.

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Maik:
Frauen und vor allem Sängerinnen sind in der Rock-/Metalszene inzwischen keine Seltenheit mehr. Bands, die nur aus weiblichen Mitgliedern bestehen, hingegen schon. Und meistens versuchen diese dann, im Gegensatz zu Euch, mehr durch Provokation auf sich aufmerksam zu machen als durch musikalische Qualität. Siehst Du diesen „Exotenstatus“ als Vorteil an oder denkst Du, dass Ihr es schwerer habt, Anerkennung zu finden?

Sarah:
Ich denke, dass Frauen, die mit qualitativer Musik anstatt mit Provokation überzeugen wollen, wirklich hart arbeiten müssen und sie müssen ausdauernd und ehrgeizig sein, um ihren Standpunkt als weibliche Musikerin zu vertreten. Es ist definitiv schwieriger einen Platz im Musikgeschäft zu finden, denn Frauen die vordergründig mit Musik überzeugen, passen immer noch nicht in das Bild mancher Zuhörer.

Maik:
Ebenfalls alles andere als normal ist, dass Ihr jetzt seit über 7 Jahren in derselben Besetzung aktiv seid. Gehe ich von daher richtig davon aus, dass Euch untereinander mehr verbindet als nur die Musik? Könntest Du Dir PRESENCE OF MIND auch in einer anderen Besetzung vorstellen, falls eine Deiner Mitstreiterinnen aus welchen Gründen auch immer das Interesse an der Band verlieren sollte?

Sarah:
Innerhalb der letzten sieben Jahre hatten wir einen Wechsel an der Gitarre und mit Sabrinas Zugang haben wir einen großen musikalischen Schritt gemacht. Wir sind seit Kindertagen befreundet, haben unsere ganze Jugend miteinander geteilt, teilweise zusammen gewohnt und verbringen unsere Freizeit miteinander. Wir sind Freunde und die Musik hat uns dazu noch sehr zusammengeschweißt. Jeder von uns hat schon in anderen Projekten gearbeitet und ich selbst habe festgestellt, dass wir einfach ein ganz besonders Klima beim Songwriting haben, das ich bei anderen Bands nicht empfunden habe. Ein Austausch wäre ein großer Einschnitt und würde sicherlich einiges verändern. Man sollte so etwas niemals ausschließen. Momentan steht dies aber in keiner Weise im Raum. 

Maik:
Auch Deine Schwester Sina ist als Schlagzeugerin bei PRESENCE OF MIND aktiv. Doch Ihr beide seid nicht nur Schwestern sondern sogar Zwillinge. Glaubst Du, dass Euch das noch mehr auch innerhalb der Band zusammenschweißt oder denkst Du, dass dieser Umstand das Ganze sogar verkompliziert?

Sarah:
Auch wenn bei uns ab und an ordentlich die Fetzen fliegen bin ich überzeugt davon, dass es der Band gut tut, weil wir auf sehr direkter Weise miteinander kommunizieren. Man muss jedoch, nicht nur als Zwilling, diese unterschiedlichen Beziehungen voneinander trennen. Wenn man soviel miteinander teilt und vor allem so viel Zeit miteinander verbringt, braucht auch jeder mal seinen Raum für sich.

Maik:
„Worlds Collide“ ist jetzt Euer drittes Album, das bei STF-Records erscheint. Zu einem größeren Durchbruch hat es bislang leider noch nicht gereicht. Woran denkst Du hat das gelegen und bist Du dennoch mit dem bis jetzt Erreichten zufrieden?

Sarah:
Ich bin auf das, was wir erreicht haben, sehr stolz. Wir sind bei einem Indielabel und machen Musik für eine relativ kleine Zielgruppe. Ich gehe auch davon aus, dass das erst einmal so bleibt. Ich würde mich über andere Chancen freuen und wir arbeiten viel dafür, aber wir haben nicht ohne Grund solange durchgehalten, ohne die dicke Kohle verdient zu haben. Wir sind eine Liveband, die für die Musik lebt. Ich liebe es in kleinen Schuppen zu spielen. Ich habe viele Erfahrungen sammeln dürfen und diese Art zu Leben macht mich glücklich.

Maik:
Euer Debütalbum „Finding Home“ und Euer Zweitwerk „To Set Out On The Light“ sind mir bislang nicht bekannt, was sich in nächster Zeit sicher ändern wird. Könntest Du die beiden Alben mal mit „Worlds Collide“ vergleichen und bist Du immer noch zufrieden mit ihnen oder würdest Du im Nachhinein etwas ändern?

Sarah:
Ich bin zufrieden mit beiden Platten. Beim Songwritting für die erste Platte war ich 15 oder 16 Jahre alt. Das ist sicherlich hörbar. Die Themen der Texte haben sich verändert und die Qualität der Musik. Wenn ich sie höre kann ich mich aber genau in die Zeit hineindenken, in der die Platten entstanden sind. Ich würde also gar nichts daran ändern, auch wenn ich nicht abstreiten will, dass man in der Produktion oder im Songwritting Dinge hätte anders machen können. Aber für mich ist es wie ein Foto, das Erinnerungen weckt und im Kontext einfach passt. 

Maik:
Vergleiche zu anderen Bands zu finden, fiel mir in meinem Review zu „Worlds Collide“ ziemlich schwer. Ich finde Ihr klingt verdammt eigenständig. Dennoch habt Ihr doch sicherlich Einflüsse, die Ihr in Eurer Musik verarbeitet?

Sarah:
Unserem Sound können wir uns gar nicht entziehen. Wir versuchen zu experimentieren, aber nach PRESENCE OF MIND klingt es irgendwie immer. Es gibt viele Musiker, die uns beeinflussen. Besonders inspirierend für „Worlds Collide“ waren für mich die aktuellen Platten von Soasin, Boysetsfire und The Gathering.

Maik:
Kommen wir mal zu den Lyrics von „Worlds Collide“. Woher nimmst Du die Inspiration für Deine Texte, die sich angenehm vom typischen Standardkram abheben?

Sarah:
Sina und ich schreiben die Texte. Meine Texte sind Erzählungen aus meinem Leben. Nichts davon ist fiktiv. Ich schreibe über das, was ich in den letzten 22 Jahren erlebt habe und wie ich dazu empfinde. Ich habe damit eine gute Möglichkeit gefunden einiges zu reflektieren und die Musik ist ein wirklich gesundes Ventil.

Maik:
Eng mit den Texten hängt immer auch der Gesang zusammen, also kommen wir mal auf Dich als Sängerin zu sprechen. In meinem Review habe ich geschrieben, dass Du mit Deinem unverwechselbar charismatischen Gesang Aushängeschild der Band bist und mit dieser Meinung stehe ich nicht alleine dar. Macht es Dich stolz, so etwas zu lesen?

Sarah:
Ich weiß, dass mein Gesang das Wiedererkennungsmerkmal von PRESENCE OF MIND ist, und wenn ich Lob bekomme, macht es mich natürlich stolz. Jeder hört so etwas gerne. 

Maik:
Trotzdem war gerade bei Eurem Debütalbum Dein Gesang meist der Hauptkritikpunkt. Vor allem Dein Versuch durch Geshoute und Gegrunze zusätzliche Aggressivität in die Musik zu bringen, war Anstoß für Kritik. Auf „Worlds Collide“ verzichtest Du komplett darauf. Hat diese Entwicklung etwas mit der Kritik der Vergangenheit zu tun oder hattest Du dieses Mal einfach keine Lust dazu?

Sarah:
Es hat einfach nicht mehr gepasst. Wir müssen als Frauenband nicht mehr laut sein, um die Leute auf uns aufmerksam zu machen. Bei der ersten Platte hatte ich viel mehr Wut und habe Musik viel roher verstanden. Heute habe ich andere stilistische Mittel um meinem Gefühl Ausdruck zu verleihen.

Maik:
Wie bist Du eigentlich zum Singen gekommen? Kirchenchor, Gesangsunterricht oder einfach mal ausprobiert?

Sarah:
Ich habe früher an allen Instrumenten rumgeklimpert. Mein Schwerpunkt war nicht das Singen. Irgendwann brauchten wir jedoch eine feste Sängerin und da ich irgendwie noch keinen festen Platz in der Band hatte war es dann mein Job. Ich habe bisher noch keinen Gesangsunterricht gehabt. Irgendwie hatte ich immer Angst davor, dass es mir den Spaß am Singen nehmen würde. 

Maik:
Mein einziger kleiner Kritikpunkt in meinem Review zu „Worlds Collide“ war, dass ich mir gewünscht hätte, dass Deine 3 Kolleginnen noch etwas mehr aus sich herausgehen, sie spielen mir etwas zu songdienlich. Kannst Du diese Kritik nachvollziehen oder möchtest Du Anna, Sina und Sabrina in Schutz nehmen?

Sarah:
Wir haben es in der Produktion darauf angelegt, dass die drei „songdienlich“ spielen, um mehr Raum zu lassen. Es ist also toll zu wissen, dass du unsere Absichten gehört hast, auch wenn sie dir nicht gefallen ;). 

Maik:
Kannst Du mir etwas dazu sagen, wie das Songwriting bei Euch abläuft. Proberaum oder Computer?

Sarah:
Texte werden am laufenden Band geschrieben. Sabrina hat dann meist eine Idee für die Gitarre und wir setzen uns meist zu Hause hin und schreiben zu zweit den Song akustisch. Selten jammen wir auch im Proberaum. Sina und Anna haben dann die Möglichkeiten dem Song eine Stimmung zu verleihen. Letzendlich bekommt die Songidee im Proberaum ihre Struktur.

Maik:
Leider liegen mir keinerlei Informationen vor, wo und mit wem Ihr „Worlds Collide“ aufgenommen habt, was insofern nicht weiter schlimm ist, weil ich den Sound als äußerst gelungen ansehe. Kannst Du mir ein bisschen was über die Aufnahmen erzählen?

Sarah:
Gary Nagy ist unser Produzent. Wir arbeiten meist in Etappen. Wir haben die Songs diesmal innerhalb von neun Monaten geschrieben und waren dann für ungefähr 6 Monate an den Wochenenden im Studio, da wir alle berufstätig sind. Die meiste Zeit haben wir für die Gitarren und den Gesang benötigt. Sabrina und ich waren bis auf die Termine für das Mischen immer da. Erst während der Aufnahmen sind dann die meisten Ideen für zweite Stimmen und Gitarren gekommen. Gary hat mir gesanglich auf jeden Fall sehr geholfen, meine stimmlichen Grenzen auszutesten. Dieses Mal hat jeder für sich gearbeitet. Jeder war also für seinen Aufgabenbereich verantwortlich und konnte etwas freier agieren. Für mich war es dann eine riesen Vorfreude meinen Bandkolleginnen das Endprodukt zu präsentieren. Da war ich wirklich nervös. 

Maik:
Meine 3 Lieblingssongs von „Worlds Collide“ sind „Half The Earth Around“, „Serious Intention“ und „Violabillity“. Hast Du denn Favoriten?

Sarah:
Meine Favoriten sind „Nailed up“ und „Serious Intention“. Beide Songs sind auch nach der Tour und dem Studio keine Routine, wenn ich sie singe. Bei beiden Songs habe ich immer noch jedes mal Gänsehaut.

Maik:
Zum Abschluss meiner Kritik habe ich geschrieben, dass “Worlds Collide” trotz der Melancholie ein perfektes Album für den Sommer ist. Mit welcher Jahreszeit würdest Du „Worlds Collide“ am ehesten vergleichen?

Sarah:
Die Melancholie der Platte ist für mich nicht stagnierend, anders als zum Beispiel auf dem ersten Album. Wenn ich die CD höre, denke ich auch an den Sommer. Für mein Empfinden ist sie sehr lebendig.

Maik:
Vor allem ein Song wie “Half The Earth Around” ist problemlos radiotauglich. Wenn Ihr auf Deutsch singen würdet, könnte man Euch zumindest teilweise auch mit Bands wie JULI oder SILBERMOND vergleichen. Kannst Du diesen Vergleich nachvollziehen oder würdest Du mich dafür am liebsten in die Hölle schicken :-).

Sarah:
SILBERMOND und JULI machen tolle radiotaugliche Musik. Ich kann mir nicht vorstellen Songs auf deutsch zu singen, auch wenn ich gerne Musik mit poppigen Elementen schreibe. Außerdem sind wir einfach zu dunkel angehaucht, um in diese Schublade zu passen.

Maik:
Wie ich gelesen habe, plant Ihr für Oktober eine Tour mit ENEMY SHOT A UNICORN und THOUGHTS PAINT THE SKY. Kannst Du mir mehr darüber verraten und was erhoffst Du dir von dieser Tour?

Sarah:
Bisher plant Sina mit unserer Tormanagerin noch. Sicher ist nur, dass wir mit oben genannten Bands im deutschen Raum auf Tour gehen werden. Ich freue mich auf eine Menge Spaß mit den anderen Bands, die mir musikalisch sehr gefallen. Ich hoffe, dass die Schuppen wieder voller werden und wir zeigen dürfen, dass wir Live überzeugen können.

interview_presenceofmind_03.jpgMaik:
Wenn man Eure Homepage besucht, wird man direkt zu Eurer MySpace Seite weitergeleitet. Wie stehst Du denn allgemein zum Phänomen MySpace. Eher Chance oder Risiko?

Sarah:
Für Bands ist es auf jeden Fall eine Chance. Man hat gute Möglichkeiten für sich zu werben und mit anderen Bands in Kontakt zu treten und ein Netzwerk aufzubauen. Es ist sicherlich schwierig sich von der Flut an Bands abzuheben. Man erreicht jedoch eine Menge Musikinteressierte.

Maik:
Damit bin ich am Ende angekommen, aber zum Schluss möchte ich Dir noch die Gelegenheit geben, das loszuwerden, was Du der Welt und insbesondere unseren Leserinnen und Lesern immer schon einmal sagen wolltest!

Sarah:
Ich find es toll, dass auch ein Metalmagazin und dessen Leser und Leserinnen die Ohren aufmachen für andere Musik. „Rock´n´Roll im Herzen“ ist mehr als sich über ein Genre zu indentifizieren. Und nicht zu vergessen:  Kommt auf ein Konzert :).


Vielen Dank Sarah für das Interview und viel Erfolg mit Eurem aktuellen Album und weiterhin in der Zukunft!

Alle Bilder von der Bandhomepage www.presenceofmind.de und der Homepage der Plattenfirma STF-Records www.stf-records.de!

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