Interview mit Kirk Windstein (Crowbar, Down)

Crowtour Europe 2 200Fünf Jahre ist es her, dass ich Kirk in Weinheim interviewt habe. Ein Held meiner späten Jugend, zu dem ich immer aufgeschaut habe, nicht allein wegen seiner grandiosen Musik. Mittlerweile ist der große Rausch zwar etwas verflogen, aber dennoch ist CROWBAR immer eine kleine Reise wert, erst recht wenn es ins benachbarte Saarbrücken geht. Unzählige Male habe ich die Sludgekönige live erleben dürfen, jede Phase mitgemacht, und nun ist es mal wieder Zeit, mit Mister Windstein über die postpandemische Tourszene zu plaudern und über die aktuelle musikalische Situation.

Jochen: Kirk, willkommen zurück in Deutschland, schön euch wieder in Saarbrücken zu sehen, Du kennst den Club ja bestimmt schon.
Wie ist das Touren jetzt nach der Pandemie? Hat sich was geändert?

Kirk: Nicht viel. Die erste Tor danach war in den Staaten mit SEPULTURA. Jeder war etwas nervös, aber es ging alles glatt. Hier in Europa kamen wir dann mit DOWN für drei Festivals rüber, jetzt sind wir im zweiten Teil der Europatour mit CROWBAR, und wie der erste Teil läuft auch der völlig normal, keine Einschränkungen, alles wie gewohnt.
Die Preise sind insgesamt gestiegen, aber dennoch kamen nicht weniger Leute zu den Shows oder kauften merklich weniger Merch.

Jochen: Stichwort Merch: Was sagt ihr zu den Merch-Cuts, dass Clubs einen gewissen Anteil von den Einnahmen des Merchandises haben wollen, wenn man dort spielt?

Kirk: Das ist reine Abzocke, das ist totale Verarsche. Wenn uns ein Club so kommt, dann tun wir es ihnen gleich. Wenn die uns über den Tisch ziehen wollen, machen wir das genauso. Wenn man eine Band ist, die Arenen oder Stadien füllt wie METALLICA etwa, dann ist es in Ordnung, die anfallenden hohen Gebühren abzurechnen, aber für kleine Bands, die in Clubs spielen, ist es lächerlich, die Merch-Einnahmen auch noch mit 20% abzuziehen. Ich sage immer: Ihr wollt euren Anteil am Merch? Ok, dann bekommen wir die gleichen Anteile von der Bar. Das wäre zumindest fair.

Jochen: Euer neues Album „Zero And Below“ ist nun circa ein Jahr raus, wie sind die bisherigen Reaktionen?

Kirk: Großartig, wir haben drei Songs in die Setlist aufgenommen, zwei Videoclips sind online, und wo wir hinkommen wurde das neue Material sehr gut aufgenommen. Wir haben ein gutes Gefühl mit dem Album. Wir spielen ja zum 30jährigen Jubiläum der zweiten Platte viele Songs auch davon, wie immer etwa die Hälfte des Sets, aber dennoch kommen die neuen Songs immer noch auf die Liste.

Jochen: Einen Longplayer aufzunehmen ist ja mittlerweile nicht mehr selbstverständlich, gerade in Zeiten, in denen das physische Medium allmählich ausstirbt. Macht es euch immer noch Spaß, ein Album aufzunehmen, oder seht ihr es sogar als notwendig an, oder soll es in Zukunft eher Richtung EPs oder sogar rein digitales Material geben? DOWN haben da ja schon Vorarbeit geleistet.

Kirk: Wir sind alle ziemlich old-school, von daher ist es für uns der normale Weg, ein ganzes Album aufzunehmen anstatt immer nur vier bis fünf Songs. Keine Ahnung ob es einfacher oder schwieriger ist. Mittlerweile kann man ja auch Vinyl von allem pressen lassen, Hauptsache man hat etwas in der Hand. Mit den digitalen Streamingdiensten ist es so eine Sache, man muss sich darauf verlassen können, dass man auch entsprechend dafür bezahlt wird. METALLICA hat Recht behalten mit NAPSTER, auch wenn ich selber mit dem ganzen modernen Kram kaum was zu tun habe, wie gesagt, ich bin da sehr old-school. Diese Singles sind vielleicht auch eher was für Hip Hop- oder Countrykünstler, die ab und an eine Single rausbringen und das dann später zusammengefasst als Album herauskommt.
In den Neunzigern, als die CD populär wurde, wollten die Labels natürlich, dass man nun die Spiellänge von 70 Minuten komplett ausfüllt. Dann waren vielleicht von 15-16 Songs nur 5-6 richtig gute dabei, alles andere war Füllmaterial. Wir nehmen erst ein Album auf, wenn wir genug Material haben dafür.

Jochen: Wie ist der Status Quo von DOWN?

Kirk: Momentan ist Phil (Anselmo) ja mit PANTERA unterwegs, und das wird noch bis nächstes Jahr so sein, aber das ist auch in Ordnung so. Es ist eine einmalige Chance, zumal mit solch großartigen Musikern wie Charlie Benante und Zakk Wylde. Es wird also noch mindestens bis nächsten Sommer mit all den Festivals gehen, vielleicht auch länger.
Das Gute an DOWN ist, dass wir uns alle sehr mögen, wir sind sehr kreativ zusammen, es kann aber auch mal Spannungen geben, daher ist es hier nicht schlecht, EPs aufzunehmen und nur hier und da ein paar Festivals zu spielen, keine ganze Tour. Jeder von uns hat sein eigenes Ding am Laufen, von daher ist es ganz gut, dass wir keine richtige Touring-Band sind. Dann bleibt es eben auch bei einer Projekt-Band, so wie es ursprünglich gedacht war. Es macht auch so einfach Spaß mit den Leuten was zu machen, es ist immer noch profitabel also kann es auch so weitergehen. Jeder kann mit seinen Leuten separat noch was machen, und wenn jeder Zeit für DOWN hat, machen wir damit weiter. Eine sehr entspannte Situation einfach, anders als zu der Zeit, als DOWN die „Hauptband“ wurde, da kamen die Spannungen auf, welche Band nun Vorrang hat. Aber auch wenn wir eine Zeit lang gar nichts zusammen gemacht haben, haben wir wieder zusammengefunden und nach und nach DOWN wiederbelebt zu der Band, die sie heutzutage ist, das ist für jeden okay so, und jeder hat wieder Spaß an der Sache

Jochen: Nun noch etwas in Sachen Gitarre: Ich selbst bin wie viele andere total begeistert von Deinem Gitarrensound, und Du hast jedem immer offen gesagt, welches Equipment Du spielst. Aber ich habe zum Beispiel das gleiche Equipment, und ich komme nicht an Deinen Sound dran. Ist es wirklich so, dass der Musiker so viel Einfluss auf den Ton hat?

Kirk: Es kommt wirklich auf die Spielweise an, auf die Hände und auf die Finger. Ich spiele recht eigenwillig, ich habe mir das Spielen selbst beigebracht, und es ändert sich auch, je älter man wird. Technisch bin ich mittlerweile auf einen Kemper umgestiegen, alleine schon wegen der Flexibilität und einfachen Handhabung. Ich habe damit einen Sound gefunden, der mir nach wie vor gut gefällt und den ich überall spielen kann.
Zum Thema „Der Sound liegt in den Händen“ gibt es die Story von ALICE IN CHAINS als Support für VAN HALEN auf einer US-Tour. Jerry Cantrell fragte Eddie Van Halen, ob er mal seine Gitarre und sein Rig spielen darf. Jerry merkte sofort, dass es sich beschissen anhörte, gab Eddie die Gitarre zurück, und es hörte sich wieder magisch an.
Genauso mit Dimebags Ton, ich habe sein Rig mit seiner Gitarre auch mal gespielt, und es hörte sich nicht im Entferntesten nach Dimebag bzw. PANTERA an.

Jochen: Ebenso mit Lemmys Basssound im Studio, der eben nur passt, wenn Lemmy ihn spielte.

Kirk: Die Entscheidung zum Kemper kam in der Zeit, als wir mit DOWN die ersten Festivals wieder spielten und mir mein Sound gar nicht mehr gefiel. Jamey Jasta lieh mir seinen Marshall, und es klang echt beschissen. Von Kemper wusste ich, dass man immer und überall seinen Sound hat, und ich dachte mir, jetzt ist es an der Zeit zu wechseln.

Jochen: Spielst Du also jetzt einen Modeling Sound Deines Randalls?

Kirk: Nein, es ist kein Randall, es ist ein Engl. Shane, unser Bassist, und Vinnie LaBella haben mir den Sound eingerichtet, und ich liebe ihn.

Jochen: Also dieses Mal kein Transistor-, sondern ein Röhrensound?

Kirk: Naja, ich habe eben noch keinen Röhrenamp gefunden, der dieses straffe Low End in der Verzerrung hat bei unserer tiefen Stimmlage.
Stimmt, der Transistorsound ist einzigartig, gerade für diese Art Musik. Der passt einfach am Besten und ist nicht einfach mit einem Röhrenamp hinzukriegen.
Ja, das stimmt. Das Besondere am Randall mit dem Metal Zone Pedal war einfach die Einstellung des Pedals. Alles andere klingt furchtbar, aber mit meiner Einstellung – Level 10, Gain 0 und EQ neutral – klingt der Randall deutlich besser. Vorher hatte ich schon mit einem Maxon versucht, diesen Ton zu verbessern, mittlerweile habe ich gar nichts mehr vor dem Kemper bis auf einen Tuner.

Jochen: Trotzdem ist und bleibt der CROWBAR- Sound einmalig. Wenn Leute im Internet CROWBAR-Songs nachspielen, hört es sich häufig nicht nach CROWBAR an, weil die Spielweise und der Style einfach fehlen.

Gib uns zum Schluss bitte noch einige Infos über das neue Projekt EYE AM. Wie kam es dazu?

Kirk: Das wird sehr interessant. Kenny (Hickey) und ich tauschten Riffs aus, setzten uns zusammen und kamen zu dem Schluss, dass wir hierbei weder nach TYPE O NEGATIVE noch nach CROWBAR klingen wollen, ohne zu wissen, was wir eigentlich machen wollen. Auf jeden Fall etwas ganz Anderes, wir sind beide mit den gleichen Rockbands groß geworden, also lass uns so etwas probieren. Kenny hat eine viel bessere Stimme als ich, viel trainierter und variabler, also ist er der Sänger und ich mache die Backing Vocals, so auf die Art „Frage und Antwort“.
Als wir beim Essen zusammen saßen, meinte Kenny „Jeder TYPE O und CROWBAR-Fan wird es hassen“, haha, aber dafür werden es andere vielleicht bevorzugen. Wenn Du Musiker bist und eine kreative Person bist, dann willst Du nicht immer das Gleiche machen. Solche Projekte sind dazu da, etwas ganz Anderes zu machen als sonst, es muss Dir in erster Linie gefallen und Spaß machen. Und das tut es absolut.
Robins Vater hat mich auf einen Radiosender aufmerksam gemacht, der fast nur 80er Jahre Musik spielt, das ist großartig, da ist auch viel Synthiezeug dabei, aber so war das damals, damit bin ich aufgewachsen. Großartige Musik, großartige Erinnerungen, und es macht Spaß, so etwas selbst zu spielen. Wenn wir ausgehen in Bars oder Clubs, lege ich manchmal auf oder ich genieße einfach die Musik, die gerade läuft. Bands wie EARTH, WIND AND FIRE, die ganze Funk- oder auch Black Music, das mag ich alles gern.

Jochen: War EYE AM nun lang vorher geplant oder eher spontan?

Kirk: Das war etwas ganz Spontanes. Andrew Spaulding, ein Freund von uns, bot uns an, über sein Label CORPSEPAINT RECORDS eine Platte herauszubringen, was wir dankend annahmen. Er hat früher für TYPE O NEGATIVE Merchandise gemacht und ist ein guter Freund von Kenny und Johnny (Kelly). Nun sind wir auch gut befreundet, nachdem er mich anschrieb und fragte, ob ich da mitspielen will und vielleicht auch noch Todd (Strange) als Bassisten fragen würde. So sind wir nun ein paar Freunde, die ab und zu zusammen Musik machen und dabei auch immer bessere Freunde werden.

Jochen: Das klingt alles sehr gut und vielversprechend. Kirk, vielen Dank für Deine Zeit. Es war mir wieder mal ein Vergnügen.

Kirk Inti 2

Wir benutzen Cookies
Für optimalen Benutzerservice auf dieser Webseite verwenden wir Cookies. Durch die Verwendung unserer Webseite erklären Sie sich mit der Verwendung von Cookies einverstanden