Interview mit Bastian Rose und Ralf Nopper (Vanish)

vanish ahintofsolaceKurz nach der Veröffentlichung Ihres neuen Albums „A Hint Of Solace“ haben Bastian und Ralf sich die Zeit für ein ausführliches Interview genommen.

Matthias: Hallo Bastian, hallo Ralf. Danke, dass ihr euch die Zeit für ein Interview nehmt. Wie geht es euch?

Bastian: Super, wir freuen uns auf die Releasephase des neuen Albums, da haben wir nun sehr lange darauf gewartet und hingearbeitet. Es ist immer unheimlich spannend zu sehen, wie den Fans und den Journalisten das neue Material gefällt.

Ralf: Hi Matthias, vielen Dank auch von uns, dass du das Interview mit uns machst. Wie Basti schon sagt, es ist die spannendste Phase als Band überhaupt. Man steckt jahrelange Arbeit, Herzblut und Energie in das neue Album und jetzt kommt der „Judgement Day“. Wir selbst sind sehr zufrieden mit unserer neuen Platte.

Matthias: Zwischen euerem letzten Album „The Insanity Abstract“ und dem aktuellen „A Hint Of Solace“ sind ganze 6 Jahre vergangen. Seid ihr froh, dass die Songs in der Zeit reifen konnten oder hättet ihr euch dann doch eine schnellere Veröffentlichung gewünscht?

Bastian: Naja, wir wissen ja alle, was in den letzten Jahren seit 2020 so los war. Eigentlich wollten wir die Wartezeit nach der 2020er EP „Altered Insanity“ nicht so groß werden lassen. Aber dann mussten wir auch noch die Bandrente unseres Gitarristen Tommy kompensieren und einfach abwarten bis die Lage im Kulturbusiness etwas entspannt. Denn ohne Gigmöglichkeiten, Touren und Festivals wollten wir kein Album veröffentlichen – dafür ist es uns zu kostbar. Die meisten Songs waren somit 2021 fertig komponiert.

Matthias: Kommen wir zu „A Hint Of Solace“. Mir fällt auf, dass ihr zwar oft als progressive Power Metal Band bezeichnet werdet, aber weder zu verkopft unterwegs seid noch über Schlachten und Drachen singt. Wo fühlt ihr persönlich euch am wohlsten?

Bastian: Wir benutzen nun seit einiger Zeit den Begriff „Modern Power Metal“ – uns ist aber schon bewusst, dass wir oft einfach zwischen den Stühlen sitzen. Unsere Mucke hat wenig mit dem neuen europäischen Power Metal wie Gloryhammer, Victorious usw. zu tun. Auch sind wir lange nicht so verspielt wie Symphony X oder Dream Theater. Aber das ist die Mucke, die wir selbst hören wollen – großer Hochglanzmetal mit Bombast aber noch mit ehrlicher Bodenhaftung. Haha wenn das überhaupt Sinn ergibt. Puh, bei der Genrefrage muss mir Ralf unter die Arme greifen.

Ralf: Oh ja, die alte Geschichte mit den Schubladen, wer kennt es nicht. Wir lassen in unserer Musik Einflüsse aller Bandmitglieder aufgehen. Dadurch haben wir ein paar Richtungen drin, die vielleicht nicht einer klaren Power Metal Linie folgen, ich finde aber genau das spannend. Wir vermischen Power Metal mit etwas Thrash, Progressive, Hardrock usw. Wir setzen uns da auch keine Grenzen. Das kannst du zum Beispiel am neuen Song „Act-Live-Resolve“ hören, hier haben wir orientalische Einflüsse verarbeitet. Am Ende muss es uns gefallen und ich bin der Meinung, dass man bei jedem unserer Songs auch mittlerweile einen „VANISH-Style“ raushören kann.

Matthias: Lasst uns mal über die Texte reden. Diese liegen mir leider nicht vor, scheinen aber sehr interessant zu sein. Bastian, kannst du mir mehr dazu sagen?

Bastian: Die Texte sind natürlich meine Babies und furchtbar interessant. Lol. Das ganze Album handelt von Formen von Trost in dunklen Zeiten. Wir haben mit der Konzeption schon 2019 begonnen als wir alle dachten, dass Donald Trump das Schlimmste ist, was passieren kann. Dann wurden viele der Texte sogar von den Zeiten noch übertroffen. Das hat uns wirklich bestärkt diese Richtung konsequenter weiterzugehen und quasi ein Konzeptalbum darüber zu machen. Jeder Song handelt von einer anderen Form von Trost. „Crowdpiercer“  - die erste Single - vom Trostfaktor einer Liveshow, die sowohl den Musikern als auch den Fans eine Fluchtmöglichkeit vor dem Alltag bietet. Ein weiterer Song ist hier auch der Longtrack „As Though The Dead Are Here“.

Matthias: „As Though The Dead Are Here” ist mit über 12 Minuten der längste Song des Albums. Wie habt ihr es hinbekommen ihn trotzdem abwechslungsreich zu gestalten?

Bastian: Der Song handelt vom Tod aus Sicht der Trauernden. Da diese Trauer immer Phasen aus Hochs und Tiefs mit Wut, Ignoranz und Akzeptanz hat, wuchs der Song immer mehr zu einem klassischen Longtrack mit verschiedenen Sektionen. Er stellt wie die Lyrics eine Reise dar, die zu einem wichtigen Thema der Platte führt das Gefühl von Zugehörigkeit und Heimat. Und am Ende findet man den Trost in den Erinnerungen an die Verstorbenen. Das zeigt hoffentlich auch die musikalische Ausarbeitung des Songs. Diese langen Songs haben natürlich immer die Herausforderung, dass man trotz der vielen Teile den roten Faden nicht verliert und am Ende auch ein schönes Schleifchen hinbekommt. Mir persönlich bedeutet der Song ganz viel und ich finde ihn grandios, haha.

Matthias: Es gibt euch seit 23 Jahren. Kommt es trotzdem oft vor, dass Leute wie ich noch nie von euch gehört haben?

Ralf: Leider ja, wir sind immer noch eine Art Underdog. Man muss auch sagen, dass wir VANISH die ersten Jahre eher als Nebenprojekt betrieben haben, der richtige Startschuss kam, als wir uns 2012 dazu entschieden hatten, mehr Gas zu geben, ein Label zu suchen usw. Wir sind aktuell recht aktiv im Social Media, vor allem bei Instagram und Facebook. Seit wir dort regelmäßig mehr von dem ganzen Schwachsinn, der uns so im Hirn rumirrt und paar Infos zu der Musik und Behind the Scenes Einblicke posten merken wir schon wie unsere Bekanntheit sukzessive ansteigt. Aber wie sang schon AC/DC „It´s a long way to the top…”

Matthias: Ich muss zugeben, dass ich euch aufgrund des Logos zunächst für eine Metalcore Band hielt. Hattet ihr so etwas schon mal?

Ralf: Haha, von Gothic über Symphonic, Black Metal und Metalcore. Wir wurden schon nur wegen des Logos in alle möglichen Schubladen gesteckt. Einmal hat uns eine Death/Black Metal Redakteurin von der Metal Bravo rezensiert, die hat gleich mal nur 3 Punkte rausgehauen, weil wir keine Screams und Growls in der Musik hatten :-) harte Enttäuschung für sie.
Wir haben seit ca. 2 Jahren ein neues, modernes V-Symbol eingeführt, das ist das Logo unserer Community, den „Make-Believers“. Es soll ein Zusammengehörigkeitsgefühl zwischen Band und Fans erzeugen. Damit haben wir jetzt dem 23 Jahre alten, angestaubten Logo auch einen jungen und modernen Bruder gezeugt.

Matthias: „A Hint Of Solace“ bedeutet “Ein Hauch von Trost“. Denkt ihr, dass die Gesellschaft Trost braucht und wenn ja warum?

Bastian: Absolut und dabei muss man noch einen Schritt weiter gehen. Gerade wenn es einem schlecht geht, dann fragt man sich, ob dies nun alles sinnlos ist und wie es denn weitergehen soll. Eine Möglichkeit ist es sich dann in pure Phantasie und Eskapismus zu stürzen, also einfach der Welt zu entfliehen. Das kann Musik, Film oder Gaming ja auch bieten. Davon handelt unser Album „The Insanity Abstract“. Aber viel substanzieller ist es ja, dass man eventuell herausfindet, wie man aus diesen schlechten Zeiten Trost herauslesen kann. Gibt es eventuell einen Sinn hinter diesem Leid. Das ist ja eine uralte philosophische Frage.

Matthias: Bastian, dein Gesang ist wirklich hervorragend. Hattest du je Unterricht?

Bastian: Vielen Dank für das Lob, du hast in deiner Review wirklich so viel Props dagelassen, da verstecke ich mich hinter Ralfs Schlagzeug und werde noch arroganter wie vorher, haha. Ich denke eigentlich, dass es eine Mischung aus Talent, Praxis, Technik und den richtigen Vorbildern ist. Ich habe schon als kleiner Metalhead in den 90ern immer mit Michael Kiske, Bruce Dickinson, Andre Matos, Russel Allen oder Paul Stanley mitgesungen. Unser Kumpel Ralf Scheepers war da natürlich auch immer ein großes Vorbild aus der „Nachbarschaft“. Dann lange Zeit in Cover- und Schülerbands gesungen. Ich hatte auch einige Jahre tollen Gesangsunterricht, bei dem man gelernt hat, gesund zu singen. Denn Power Metal Vocals sind einfach eine leistungssportliche Disziplin des Gesangs, da sollte man nicht so viel falsch machen, sonst hat man die längste Zeit gesungen. Aber natürlich ist man auch da nicht vor Erkältungen sicher – wenn man krank ist, dann klingt man halt scheiße, haha

Matthias: Mal ehrlich, könnt ihr die Sprüche wegen dem gleichnamigen Fleckenreiniger noch hören?

Ralf: Wenn sie witzig sind, klar. Wir waren allerdings schon vor dem Waschmittel auf dem Markt in Europa, deswegen sind wir das Original. Ich habe auch mal versucht von dem Hersteller die ultra-hässlichen Rosa-Vanish-Shirts aus der Werbung zu bekommen, sie waren aber nicht sehr kooperativ. Wir sehen das locker, immerhin bleibt unser Name dann wenigstens hängen.

Matthias: Wen würdet ihr als eure Haupteinflüsse bezeichnen?

Bastian: Das ist mittlerweile sehr schwer zu sagen, da wir glaube schon einen sehr eigenen Stil entwickelt haben. Zu Beginn der Band war es sicher eine Mischung aus Queensryche, Savatage, Symphony X und Maiden. Aber das interessante ist eigentlich, dass alle Mitglieder von VANISH ganz unterschiedliche Einflüsse mitbringen und wir die im Proberaum verschmelzen lassen. Das erkennt man auch gut am Abwechslungsreichtum unserer Songs.

Matthias: Wie kamt ihr zur Musik?

Bastian: Ich habe klassisch mit Geige angefangen bis meine Lehrerin mir so auf den Geist ging. Dann habe ich Schlagzeug gespielt und bin dadurch in Bands gekommen. In den Coverbandzeiten habe ich dann Schlagzeug gespielt und gleichzeitig gesungen. So habe ich mich langsam nach vorne gearbeitet.

Ralf: Ich wollte schon Schlagzeug spielen, seit ich ein Kleinkind bin. Ich habe früher viel Jazzmusik, Schulorchester, Ska und Rock gemacht bis ich letztendlich beim Metal gelandet bin. Der Metal fasziniert mich immer wieder neu und reizt und fordert mich auch immer mich an meinem Instrument weiter zu entwickeln.

Matthias: Ich finde auch das Cover sehr gelungen und außergewöhnlich. Wie kam es dazu?

Bastian: Das Cover stammt von David SC, einem kanadischen Tätowierer, der große Kunst zaubert. Wir hatten ein Cover gesehen, das er für eine Hardcore/Metalcore Band gemacht hat und haben uns in seinen Stil verliebt. Interessanterweise ist er eigentlich ein Blackink-Tätowierer und hat nun ein so farbenfrohes Cover für uns gezaubert.

Das besondere bei „A Hint of Solace“ war, dass wir das Cover zusammen schon 2020 konzipiert haben und ich somit noch Texte schreiben konnte, die sich vom Cover inspirieren lassen konnten. Das Cover ist also nicht nur von der Musik inspiriert worden, sondern Musik, Lyrics und Cover haben sich wechselseitig beeinflusst. Das ist natürlich großartig. Wichtig war uns auch, dass wir etwas Besonderes und auch Mutiges wagen – ohne kitschig oder zu plüschig zu werden. Sonst wären Ben und Ralf böse geworden. Obwohl es Corpsepaint-Ralf immer noch zu lieb ist, oder?

Ralf: Ich war mit dem ersten Entwurf nicht so richtig happy, wir hatten auch ein paar Diskussionen innerhalb der Band. Seit nun der düstere Hintergrund mehr im Kontrast zu dem Vogel steht, gefällt es mir auch. Ich finde, David hat die Story des Albums hier richtig gut umgesetzt. Ich hoffe, es war nicht das letzte Cover, das er für uns macht.

Matthias: Wo und wann kann man euch live sehen?

Ralf: Wir haben jetzt zum Release ein paar Shows in Süddeutschland geplant und auch ein paar Interviews in You Tube Shows. Im Herbst planen wir deutschlandweit unterwegs zu sein, folgt am besten unseren Profilen bei Insta und Facebook da werden die Shows natürlich auch immer angekündigt. Kleiner Tipp hier auf dem Linktree kriegt ihr alles was das Onlineherz so braucht: https://lift.bio/vanishmetal

Matthias: Ihr nennt eure Fans „Make Believers“ steckt da eine tiefere Bedeutung dahinter?

Bastian: Wir haben einen Song “Make-Believe”, wo es darum geht, dass man sich Welten vorstellt und in die Fiktion eintauchen kann. Das ist ein Aspekt von Kunst, der uns alle bestimmt am meisten reizt. Du hast vorher Drachen und Ritter angesprochen. Wie gigantisch war es, früher beispielsweise die „Nightfall in Middle Earth“ Platte von Blind Guardian aufzulegen und dann direkt in die Schlacht katapultiert zu werden. Durch diese künstlichen Geschichten und fiktiven Universen tauchen wir mit den Fans zusammen in eine andere Welt ein. Außerdem fand ich es schon immer cool, wenn die Fans Namen haben, so wie bei der KISS-Army oder Deadheads bei Grateful Dead usw.

Ralf: Wie ich vorhin ja schon angedeutet hatte, haben wir sogar ein Logo für die Make-Believers gemacht. Wir versuchen uns damit auch mit unseren Fans auf die gleiche Stufe zu stellen. Rockstarzeug ist uns fremd, wir sind genau die gleichen Metal-Fans wie unsere Fans. Uns kann man auch nach jeder Show am Merch-Stand treffen, gern ansprechen, anfassen (über der Gürtellinie bitte) und auch ein Bier mit uns trinken. Wir freuen uns auf jede Fachsimpelei über Musik, Metal, oder welche Themen auch immer! Also kommt zu unseren Shows und holt euch einen Hauch von Trost bei VANISH ab :-)

Matthias: Vielen Dank.

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