Dienstag, Köln, sieben Uhr. Etwa drei Stunden vor dem Auftritt macht Children of Bodom Keyboarder Janne Wirman noch einen reichlich zerknautschten Eindruck, als er den kleinen Raum im Backstage-Bereich der Live Music Hall betritt, in dem das Interview stattfinden soll. Bei dem Hinweis des Mitarbeiters der Plattenfirma, dass dies sein letztes Interview an diesem Tag sein wird, hellt sich sein Gesicht deutlich auf, während Alexi im Nebenzimmer noch ein wenig Pflichtprogramm zu absolvieren hat. So plaudert der Finne wenig später auch munter drauf los und erzählt von Therapien, Mördern und Funk-Bands... Children Of Bodom (v.l.n.r.): Henkka, Janne, Alexi, Jaska u. Roope Mika (Neckbreaker): Janne, heute ist der erste Tag Eurer Tour. Wie geht´s Euch? Ist alles in Ordnung oder gibts noch viele Probleme zu bewältigen?

Janne: Ja, weißt Du, am ersten Tag der Tour gibt es immer eine Menge Zeug, das vorher noch nicht benutzt wurde, technischer Kram eben. Wir hatten heute einen langen Soundcheck und alles lief glatt, aber das größte Problem heute ist, dass wir vor dieser Tour gerade mal 10 Tage Urlaub hatten. Davor waren wir sechs Wochen auf US-Tour, daher sind wir im Moment alle ziemlich müde (lacht). US-Tour, dann der übliche Weihnachtsstress, ziemlich viel auf einmal.

Mika: Aber Ihr habt Weihnachten alle zuhause verbracht und hattet ein paar ruhige Tage?

Janne: Ja, aber irgendwie war es nicht genug, haha. Aber wir werden in den ersten Tagen der Tour einfach etwas weniger Party machen und alles wird ok sein.

Mika: Es ist jetzt ja schon eine Weile her, dass Ihr "Are You Dead Yet?" veröffentlicht habt. Wie waren die Reaktionen seitens der Fans und der Presse? Bist Du zufrieden?

Janne: Ja, absolut! Es gibt natürlich immer irgendwie zwei Seiten, aber soweit ist alles bestens, sowohl bei den Fans als auch in der Presse.

Mika: Wo Du gerade die beiden Seiten erwähnst: Es gibt eine Menge Veränderungen in Eurem Sound, mehr langsamere Songs, mehr Heavyness, mehr rhythmisches Zeug und viele Fans kommen mit diesen Neuerungen nicht ganz klar, im Vergleich zu früheren Alben wie "Hatecrew Deathroll" oder sogar ganz altes Zeug wie "Hatebreeder". Was würdest Du diesen Leuten sagen?

Janne: Ich meine, die Sache ist, dass COB sich ständig weiterentwickeln, sowohl als Musiker als auch als Menschen. Wir waren 17 Jahre alt, als wir das erste Album aufgenommen haben und wir versuchen in Bewegung zu bleiben. Wir sind keine Band, die das gleiche Album immer und immer wieder aufnimmt. Es gibt ein paar wenige Bands, die sowas machen können, wie zum Beispiel AC/DC - man erwartet von ihnen irgendwie, dass sie immer das gleiche Zeug aufnehmen. Aber dann gibt es auch eine Menge anderer Bands, die das auch immer wieder machen, obwohl sich keiner mehr wirklich dafür interessiert. Wir selbst denken eigentlich nicht wirklich darüber nach, irgendwelche Änderungen in unseren Stil reinzubringen, weißt Du? Wir machen einfach das neue Album, diskutieren nicht großartig darüber oder machen uns Gedanken, wem das neue Zeug gefallen könnte und wem nicht. Wir machen einfach das, was uns in dem Moment gefällt und hoffen, dass es den Leuten auch gefällt. Natürlich gibt es dann immer eine Gruppe von Fans, die die neuen Sachen nicht mag, aber andererseits finden wir damit auch wieder neue Fans. Das ist eben eine verzwickte Sache, aber wir haben für uns festgestellt, dass es am besten klappt, wenn Du Dir keine großartigen Gedanken darüber machst.

Mika: Also wirst Du jetzt noch keine Aussagen darüber treffen können, wie Euer nächstes Album klingen könnte?

Janne: Nein, eben. Wenn wir neue Songs schreiben, passiert es einfach. Wir haben da keine Pläne, was wir als nächstes machen, oder so oder was in Zukunft passieren sollte, haha.

Mika: Wie verbringst Du Deine Zeit auf Tour? Die meisten Musiker sagen, Touren besteht zum Großteil aus Warten.

Janne: Es besteht wirklich viel aus Warten. Was ich oft versuche ist, einfach mal nicht die ganze Nacht lang zu feiern und daher ein wenig früher als sonst aufzustehen und mir ein wenig die Stadt anzuschauen. Aber dann gibts natürlich noch diese verdammten Interviews, haha, die immer vor und nach dem Soundcheck stattfinden. Ansonsten ist es einfach nur Warterei, besonders, da wir nicht jeden Abend einen Soundcheck machen. Wir machen das nur ein paar Mal am Anfang der Tour, das hilft natürlich, die Zeit totzuschlagen. Aber ansonsten gibt es nur die paar Sachen am Tag, bei denen Du einfach dabei sein musst. Dazwischen sind dann zwei oder drei Stunden, in denen Du einfach nur in der Gegend herumhängst.

Mika: Also hast Du dann vielleicht irgendein Hobby, dem Du in der Zwischenzeit nachgehen kannst?

Janne: Naja, ich habe normalerweise einen Laptop und ein wenig Equipment dabei, um Musik zu machen oder zu schreiben. Ich hatte das Teil schon auf der letzten Tour dabei, aber irgendwie...hab ich es gerade mal drei oder vier Mal gebraucht, während der ganzen Tour. Ich weiss auch nicht. Touren ist so merkwürdig, Du kannst Dich nicht wirklich auf irgendwas anderes konzentrieren. Es beansprucht zuviel Energie, so dass kaum Kraft für etwas anderes übrig bleibt. Du spielst jede Nacht ein langes Set, reist durch die Gegend und so...

Mika: Wie lange spielt Ihr denn heute abend?

Janne: 90 Minuten.

Mika: Verstehe. Was ist eigentlich aus dem Bodom-Mord geworden? Ich habe gesehen, dass er vor einiger Zeit wieder in der finnischen Presse war.

Janne: Ja, genau. Wie Du vielleicht weisst, wurde der eine, der überlebt hat, des dreifachen Mordes an den anderen beschuldigt und er wurde jetzt in einer Gerichtsverhandlung als unschuldig befunden. Aber ich bin sicher, dass er es war...JEDER ist sich sicher, dass er es war, der sie umgebracht hat, aber es gab nicht genug Beweise. Es gab DNA-Beweise, die zeigten, dass derjenige, wer auch immer die anderen drei umgebracht hatte, zumindest seine Schuhe getragen hatte...

Mika: ...genau, da war irgendwas mit Blut auf Schuhen, oder?

Janne: Richtig. Und ich kann mir irgendwie nicht vorstellen, dass jemand in das Zeltlager kommt, seine Schuhe anzieht und dann die anderen umbringt, haha. Und dann hat er in seiner Gefängniszelle einer anderen Person gestanden, blablabla...also er ist definitiv der Mörder.

Mika: Was hast Du eigentlich vor der Band so gemacht? Ich schätze mal, im Moment bist Du Vollzeit-Musiker, oder?

Janne: Ja.

Mika: Was hast Du also gemacht, bevor der Erfolg mit COB losging?

Janne: Meinst Du in Sachen Musik oder ganz allgemein?

Mika: Ganz allgemein...Job, Schule und so.

Janne: Ich war 17, als ich in die Band kam und wir das erste Album aufnahmen. Zu der Zeit war ich immer noch in der Schule. Wie heisst das nochmal? Ich glaube, es nennt sich Highschool auf Englisch?

Mika: Du meinst das nach der Grundschule?

Janne: Ja, genau, ich werf das immer durcheinander. Naja, lass es uns einfach Highschool nennen, haha! Ich habe also die Schule beendet, mit einer Abschlussprüfung und ich arbeitete noch an einer anderen Schule. Das war so eine Abendschule. Nach meiner Schule bin ich dort hingegangen, habe aufgeschlossen, da andere Leute abends dort ihre Kurse besucht haben und habe wieder abgeschlossen, wenn sie fertig waren. Das war mein Job in dieser Zeit, haha.

Mika: Also so eine Art Hausmeister?

Janne: Genau, sowas in der Art, immer abends. Das war also mein Job und ich hab das noch eine ganze Weile weitergemacht bis etwa drei Jahre nachdem die Band zusammengefunden hatte, da wir damals noch nicht nennenswert Geld verdient haben, haha. Heutzutage sind wir alle echt happy darüber, dass wir uns voll auf die Musik und die Band konzentrieren können. Wusstest Du, dass ich damals auch Drums in einer Funk-Band gespielt habe?

Mika: Nein, im Ernst?

Janne: Haha, ja, wirklich! Dann wurde ich gefragt, ob ich Keyboards in einer Heavy Metal Band spielen wollte und meinte nur "Ähhhhhm...well, ok!", haha. Das war ziemlich lustig, denn ich hörte damals Zeug wie Metallica oder so, aber nicht wirklich extremen Metal. Das war ziemlich komisch für mich am Anfang, solche Musik zu machen, aber ok...es hat mir dann immer mehr gefallen, haha.

Mika: A propos Nebenprojekte: Was ist mit WARMEN? Hast Du eigentlich noch genug Zeit, Dich darum zu kümmern?

Janne: Im Moment haben wir 11 Monate Tour vor uns, in einem Rhythmus von sechs Wochen Tour, zehn Tage zuhause, sechs Wochen Tour, dann wieder zehn Tage zuhause. Das ist total verrückt und für das nächste Jahr haben wir keine Zeit für irgendwas anderes - nur COB-Tour. Aber wenn ich wieder ein wenig Zeit habe, mache ich vielleicht auch wieder was. WARMEN ist irgendwie wie Therapie für mich, weisst Du? Ich mag es, im Studio zu sein, ich mag dieses ganze Aufnahme-Zeug, ich mag es mit der Technik herumzuspielen. Wann immer ich Zeit dazu finde, nehme ich dann neue Ideen für WARMEN auf, weil es mir auch Spaß macht, Sachen aufzunehmen und meine eigenen Ideen zu verwirklichen. Aber es fehlt wirklich die Zeit, mit WARMEN auf Tour zu gehen oder die Band anständig zu promoten. Ich mache einfach nur das Album und fertig. Mit einer richtigen Band ist es eigentlich immer so, dass Du das Album machst und dann erst die richtige Arbeit anfängt, mit Promotion und Touring. Also mach ich hin und wieder ein WARMEN-Album zum Spaß.

Mika: Ok, dann sag ich mal artig Danke für das Interview und wünsche Dir und den anderen für nachher mal viel Glück!

Janne: Vielen Dank!
Submit to FacebookSubmit to Twitter
Anmelden

Letzte Galerien

Neckbreaker auf Facebook

nb recruiting 2015

nb forum 2015

nb gallery 2015