enslaved intimesSo ganz konnte "Riitiir" 2012 nicht an die Klasse seines Vorgängers anknüpfen, die ganz große Strahlkraft fehlte. Natürlich ist es schwierig so einen Hammer wie "Axioma Ethica Odini" zu übertreffen, doch das letzte Werk von ENSLAVED enttäuschte schon ein wenig. Dabei hatten sie viel richtig gemacht und sich wenig um Konventionen geschert, sogar die Formel ihres Meisterwerks wurde ein paar Mal strapaziert. Zweieinhalb Jahre später geht die musikalische Reise der Norweger zwischen Progressive Rock und Extrem Metal weiter, der dreizehnte Longplayer steht unter dem Titel "In Times" in den Läden.

Und viel geändert hat sich darauf auch nicht, die Parallelen zu den beiden Vorgängern sind nicht zu überhören. Dabei waren die Norweger eine Band, die sich stets im Wandel befand, die vom klassischen Black Metal zuerst in Wikingergefilde abdriftete, um sich dann der progressiven Tonkunst der Siebziger zu öffnen.  Auch hier sind wieder alle Facetten vorhanden, gelegentlich strapaziert man sogar traditionelle Metalsoli. Es ist verständlich, dass sich eine Band auf dem Höhepunkt des Schaffens künstlerisch konsolidiert, einige haben diesen Zeitpunkt sicher verpasst. Bliebe halt die Frage, ob die mangelnde Entwicklung nicht die kreativen Kräfte unterbindet, ob neue Ansätze nicht besser wären.

Etwas verändert tönen zu Beginn die Grunts von Grutle Kjellson, der seine Stimmbänder noch tiefer, noch eindringlicher malträtiert. Nach all den Jahren sollte sich die Wut ein wenig gelegt haben, hier stößt man streckenweise in neue Dimensionen vor. Aus dieser kehligen Schwärze bei "Thurisaz Dreaming" taucht plötzlich Herbrand Larsen hervor, der seinen Klargesang über fast psychedelische Noten erhebt. Wenn man Vergleiche zu "Riitiir" und "Axioma Ethica Odini zieht, stellt man fest dass diesen Weiten mehr Platz eingeräumt wurde.
Waren die Übergänge zuletzt sehr harsch gestaltet, so befinden sie sich mehr im Fluss. Da haben ENSLAVED bewusst an den Stellschrauben gedreht, denn was auf ihrem Überwerk funktionierte, geriet beim Nachfolger zum Knackpunkt. Die Wechsel zwischen den harten Tönen und den ruhigen Tönen gestalten sich nachvollziehbarer, beim folgenden "Building With Fire" haben sie fast die Oberhand, die Nummer rockt lässig daher, bei der Bridge bringt Larsen womöglich seine melodischste Gesangsdarbietung. Nur im Refrain peitschen die gutturalen Töne, während Arve Isdal hier eines der angesprochenen Soli zum Besten gibt.

Am ehesten ihrer paganen Vergangenheit geschuldet ist "One Thousand Years Of Rain", bei dem die flirrenden Gitarren zu Beginn vom typischen Sirren abgelöst werden. Hier werden vor allem die wuchtigen Shouts betont, bei denen die Truppe Unterstützung von WARDRUNA bekommt, was in dicken Wikingerchören mündet. Die Klargesangeinschübe nehmen hier nur wenig Tempo heraus und werden von Cato Bekkevolds großartigen Breaks begleitet. Dafür geht es in "Nathir Bleeding" ein wenig ruhiger zu, akustische Sphärenklänge werden nur ab und an von heftigen Ausbrüchen zerschnitten. Später übernehmen diese dann doch die Oberhand, unterfüttert von flächigen Keyboards und ebensolchen Post Black-artigen Gitarren.

Die psychedelischen Einflüsse schälen sich am besten zu Beginn des Titelsongs heraus, wenn es im verregneten Bergen so richtig nebelumhangen wird. Daraus stürmt eine stampfende Metalattacke hervor, die von einem eingängigen Refrain Chorus kontrastiert wird. Den kompletten Gegensatz findet man in den Art Rock-Klängen im Mittelteil, die aber wiederum die Siebzigerschlagseite des Intros weiterführen. Einen ähnlichen Ansatz verfolgen ja auch OPETH, die sich allerdings mittlerweile gänzlich dem Klargesang verschrieben haben. Doch die atmosphärischen Backgroundchöre im abschließenden, epischen "Daylight" könnten so von den Schweden stammen.
ENSLAVED machen es ihren Fans wieder nicht einfach und liefern hier nur wenige, allesamt fast gleich lange Tracks. Der Mix von Jens Bogren setzt die vielen Details in ein ausgewogenes Verhältnis, so dass man sich gut darauf einlassen kann. Bei der Vielfalt dauert es eine ganze Weile, um mit "In Times" warm zu werden, aber irgendwann findet man den Zugang, der sich mir beim Vorläufer bis heute nicht vollends erschließt. Die Klasse von "Axioma Ethica Odini" oder "Vertebrae" erreichen die Norweger erneut nicht ganz, vielleicht ruhen sie sich ein bisschen zu sehr in ihrer Nische aus, die sie gefunden zu haben scheinen. Bei der Meßlatte, die ENSLAVED auflegen ist das Werk immer noch beeindruckend. (Pfälzer)

Bewertung: 8 / 10

Anzahl der Songs: 6
Spielzeit: 53:20 min
Label: Nuclear Blast
Veröffentlichungstermin: 06.03.2015

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