Lifelover_Sjukdom__-_KopieGerade einmal sechs Jahre sind seit der Gründung von LIFELOVER vergangen. Es ist kaum zu Glauben, wenn man bedenkt, wie unheimlich schnell diese Band zu einer renommierten, internationalen Bekanntheit geworden ist. Immerhin handelt es sich bei dieser stockholmer Kombo um eine der momentan angesagtesten Depressive-Black Metal Bands überhaupt.
Die Verwunderung hält aber nicht besonders lange an, wenn man sich die Musik anhört. Derartig eigenständig und authentisch ist kaum eine andere Band dieses speziellen Genres.
Bereits auf „Pulver“, dem Debüt der damaligen Undergroundband, hört man einen Stil, der vollkommen anders ist, als das, was man sonst so geboten bekommt.
Auch LIFELOVERs nun viertes Full-Length-Release „Sjukdom“ verfolgt die Spur der alten Alben, hat jedoch durchweg mehr Tiefgang.

Suizidale Melancholie, wahnwitzige akustische Pervertierungen sowie zuckersüße, pechschwarze Melodien dominierten auf „Pulver“(2006), „Erotik“(2007) und „Konkurs“(2008) das Klangbild dieser Kombo. „Sjukdom“, wurde nur teilweise nach diesem Erfolgsrezept gebraut, denn es werden stellenweise auch Wagnisse eingegangen, die man nicht von dieser Band erwartet hätte.

Was gleich zu Beginn den Gesamteindruck sehr negativ beeinträchtigt ist ein Blastbeat, der einfach nur bescheiden klingt. Er wirkt so künstlich und eintönig, dass man den Produzenten, der das Schlagzeug so penetrant abgemischt hat, am liebsten würgen würde.
Ignoriert man dieses Ärgernis, kann der Hörgenuss jedoch losgehen. Anders als gewohnt gibt es auf „Sjukdom“ fast keine kompromisslos harmonischen Klavierpassagen bzw. Gitarreneinlagen. Richtig verzweifelte Hymnen, wie einst „I Love (To Hurt) You“, sucht man ebenso vergebens.
Zumindest sind die tragikomischen Riffs geblieben, welche die typische Monotonie von LIFELOVER so unheimlich spannend machen. Durch diese teils stark Rock’n’roll-inspirierten Klangabfolgen wird zudem wieder für das pechschwarz Poppige dieser Band gesorgt.

Neu ist vor allem die ungewohnte Vielfalt an Härtegraden und Schnelligkeiten. Bewegten sich die Vorgängeralben nur äußerst selten außerhalb des Midtempos, so gibt es auf „Sjukdom“ endlich Abwechslung hinsichtlich des Rhythmus’. Interessant sind dabei die Wechsel, die zwischen zarten Gothic-Passagen und recht harten Black Metal Einschüben zelebriert werden. Die Übergänge sind zwar total abrupt, aber dafür harmonieren die wechselnden Riffs auf eine ganz feinsinnige Art und Weise miteinander.
Endlich kann auch von Passagen die Rede sein, die richtig guten, „normalen“ Black Metal hören lassen. Vor allem auf dem Letzten Track „Karma“ trifft finsterste Riffgewalt auf zügige Rhythmen und brachialen Gesang. Dazu kommt noch ein obligatorischer, minimaler Pianoriff, der quasi als Signatur von LIFELOVER auf dem Song zu hören ist. Hoffentlich werden kommende Alben noch mehr Black Metal dieser Sorte enthalten, denn der typische, alte schwedische Schwarzmetall steht den jungen Stockholmern doch recht gut. Ebenso wie einige, sehr gelungene Death- und Thrash Metal Einlagen. Damit dürften LIFELOVER eindrucksvoll beweisen haben, dass sie sich im Laufe der Zeit fleißig weiterentwickelt haben.
Auch Samples sind wieder vertreten, die sowohl sehr depressive als auch sehr fröhliche Assoziationen wecken. Doch werden gerade die fröhlichen Einschübe so unheimlich makaber in das Gesamtwerk integriert, dass es einem jedes Mal aufs Neue schaudert.
Ein neuer, deutlich experimenteller Bestandteil sorgt für weiteren frischen Wind. Gewollte Disharmonien, sparsam angewandte Diffusität und bewusste Vielseitigkeit sind die stetigen Begleiter der konventionellen Elemente. Auch wenn diese in krassen Kontrast mit dem sonst dominierendem Minimalismus stehen, kommt gerade dadurch eine Atmosphäre auf, die neu und unerwartet wirkt.
Zu den vielen Neuerungen zählen auch ruhige, äußerst effektive Ambient-Tracks, die keine schnöde Verschnaufpause, sondern eher ein zusätzlich mulmiges Gefühl mit auf den Weg geben.

„Sjukdom“ ist ein Album geworden, das dazu in der Lage ist, im Hörer gewaltig niederschmetternde Emotionen zu wecken. LIFELOVER geben sich Mühe, nicht schon wieder eine Kopie von sich selbst zu machen, weshalb ihr aktuelles Werk nicht ganz so geradlinig geworden ist wie die Vorgänger. Damit dürften erstmals auch Fans des professioneller strukturierten Black Metals ihre Freude an diesem Album haben. Zumal die neue, eigenwillige Art und Weise, mit Disharmonien und Sprachsamples umzugehen mindestens genauso hörenswert ist, wie die verstärkten Einflüsse von DARKTHRONE und LIK.
Alteingesessene Fans werden sich vor allem in den ersten Hördurchgängen etwas schwer tun. Es braucht diesmal etwas mehr Zeit, bis man die musikalische Intention von LIFELOVER begriffen hat, aber es lohnt sich. Spätestens nach dem dritten Hören der Scheibe erkennt man die vertrauten, vor sich hinplätschernden musikalischen Tränenbäche wieder, die so unglaublich an der Psyche zu nagen scheinen. (Jannick)


Bewertung: 8 / 10

Anzahl der Songs: 14
Spielzeit: 56:10
Label: Prophecy Records
Veröffentlichungstermin: 11.02.2011
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