SSADMassig übles Gebolze stand an diesem Dienstag Abend in der Garage an. So fing die Chose bereits um 18 Uhr an, denn immerhin lag es sechs Bands am schwarzen Herzen, ihre brutale und temporeiche Musik unter das zugegeben magere Publikum zu schleudern. Leider muss auch die Saarbrücker Garage, eine der letzten Instanzen für hochkarätige Metalevents im Saarland, die Rezession zu spüren kriegen. Auch wenn sowohl für die jungen als auch altgedienten Metaller etwas dabei war, so scheint es doch mittlerweile Usus zu sein, selbst für kleines Geld den todesbleiernen Arsch unter der Woche nicht mehr vor die Tür zu setzen. Eigentlich unerklärlich, wenn man sich das Billing betrachtet: sechs hochkarätige Bands, die jedermanns Geschmack treffen könnten, wenn man sich für Death Metal interessiert, gleich ob modern oder klassisch.

 

Annotations Of An Autopsy

Dennoch fing die erste Band aus dem Vereinten Königreich Punkt 18 Uhr an, vor einigen wenigen Fans ihren groovigen, teils zäh und teils rappelnden Death Metal vorzutragen. Das Stageacting beschränkte sich dabei auf einige auffordernde Animationsversuche von Sänger Steve, die anderen Mitmusiker konnten sich nicht so recht für eine mitreißende Performance begeistern, was wohl auch an den spärlichen Fans in der ersten Reihe lag, die dennoch ihren Moshpit gründeten und ihre Akrobatik für sich selbst vorführten. Andererseits konnte aber auch die Musik von AOAA nicht wirklich überzeugen, ihre grooveorientierte Rifforgie mit einem Sänger Note 3 und den gelegentlichen akzentlosen Blastbeats ließen beim Publikum nicht viel Platz für Begeisterung.

live_20100817_0103B live_20100817_01028B

Origin

Darauf folgte allerdings ein Leckerbissen für alle technikorientierten Musikliebhaber. ORIGIN aus den USA spielen Death Metal auf höchstem technischen Niveau und rasen dabei nur so durch ihr Set. Auch wenn Zweitstimme und Gitarrist Paul nach einem leichten Voltschock am Mikro nur noch durch ein Handtuch brüllte, so hat ihn der durchfließende Strom wohl die wahnsinnigen Riffs nur noch schneller und nicht minder präzise spielen lassen. Der aktuelle Sänger Mica konnte sich allerdings trotz doppelter Unterstützung als überdurchschnittlich beweisen und tut der Brutalität des Vierers keinerlei Einbruch. Was Basser (und Sänger!!) Mike Flores darbietet, toppt allerdings so einiges, was ich an Saitenbearbeitung bisher gesehen habe. Der Mann spielt rechts mit den Fingern schneller als mancher Schweinegitarrist auf dem Griffbrett, beherrscht nahezu alle Spielformen seines Instruments, ist dabei unfassbar groovig und singt obendrein noch völlig unabhängig von seinem Bassspiel. Dicker Respekt. Dennoch ist ORIGIN für mich eine Band, die ich lieber sehe statt höre, denn anstrengend ist ihre Darbietung schon. Da geht es zwar klar strukturiert drunter und drüber, aber die Ermüdung stellt sich schon schnell ein bei all dem Gewitter, was da von der Bühne kommt. Außerdem hatte Drummer John Longstreth entweder eine Fußtechnik, die mir bislang unbekannt war, oder er hat gemogelt, denn entgegen seiner Beinbewegungen kamen manche Doublebass-Passagen hörbar doppelt so schnell an, was ebenso fast unmenschlich klang.

live_20100817_0206B live_20100817_02027B

Despised Icon

Von Anfang an fiel mir auf, dass es im Publikum ungewohnt viele blutjunge Death-Metal-Fans gibt, die man rein äußerlich betrachtet eher in die Hardcore- oder sogar HipHop-Ecke sortiert hätte. Spätestens beim Auftritt von DESPISED ICON wusste ich von deren Vorbildern. Mit ganzen sechs Leuten erschienen die Amis, überwiegend gekleidet im Hardcore- und angrenzendem HipHop-Style, ebenso gestikulierend und intonierend bei den Ansagen. Die Musik war auch von allen teilnehmenden Bands am weitesten vom Death Metal im eigentlichen Sinne entfernt, und bis auf den harten Kern wusste auch kaum einer im Publikum, was mit ihrer Darbietung anzufangen. Gerade dem älteren Semester stand ein großes Fragezeichen über dem Kopf bei dem teils eigenwilligen Gesangsstil und den genreunüblichen Einstreuungen.
Ich bin beileibe nicht engstirnig und verlange Mähne, Leder und Nieten als Grundvoraussetzung für dieses Genre, aber nicht nur mir blieb der eigensinnige Stil der Band verschlossen. DESPISED ICON ziehen nun mal ihr eigenes Ding durch, und das machen sie auch bestimmt nicht unprofessionell.
Bleibt nur zu sagen, dass mehr Leute auf der Bühne nicht unbedingt auch tightes Zusammenspiel bedeutet. Das Gegenteil bewies die folgende Band, die gerade mal aus halb so vielen Leuten bestand.

live_20100817_03011b live_20100817_03023B

Dying Fetus

Allmählich kam die Zeit für die alteingesessenen Todesbleifans. DYING FETUS ist und bleibt eine feste Größe im brutalen und blastspeed-orientierten Death Metal. Gerade mal mit 3 Mann auf der Bühne wusste direkt der Opener „Praise The Lord“ zu überzeugen, und die gesamte Meute machte sich auf, ihre Helden abzufeiern. In Hinsicht auf Zusammenspiel und Schweinegroove sowie Spieltechnik und Raffinesse ist dieser Band kaum das Wasser zu reichen. So spielte man sich von den Anfangstagen bis zu den neuesten Werken gnadenlos durch und hinterließ dabei einen sehr feinen Sympathie-Beigeschmack aufgrund der unverkrampften und schnörkellosen Performance dieser Institution. Wie gesehen braucht man für eindrucksvollen Schwermetall nur essentielle Elemente. Ein Höhepunkt des bisherigen Abends.

live_20100817_04012B live_20100817_04072B

Suffocation

Aber es sollte dabei nicht bleiben. Eine weitere nicht mehr wegzudenkende Todesmacht breitete sich auf der Bühne aus. SUFFOCATION sind auch schon über 20 Jahre im Geschäft und können somit jedem Naseweiß immer noch eine Lektion in Sachen professioneller Death Metal geben.
Sänger Frank Mullen hat mittlerweile schon lange Kultstatus erreicht. Nicht nur, dass er eigentlich schon fast als seriös durchgeht mit seinem Kahlschnitt, der hellblauen Jeans und den weissen Turnschuhen, auch seine undurchsichtige Persönlichkeit und unplakativen Frontmannqualitäten gebührt ein verdienter Respekt. Stimmlich gibt dieser Mann eh wie seine Mitmusiker immer 100 %, aber auch heutzutage ist schwer abzuschätzen, ob Mullen nun einfach nur gerne den wilden Mann auf der Bühne macht oder doch wirklich seine Morbidität und psychotischen Anwandlungen mithilfe der Musik auslebt. Auch wenn immer noch lange keine Riesenstimmung vor der Bühne herrschte, so gab der Fünfer dennoch alles und überzeugte auf ganzer Linie durch imposante musikalische Darbietung und eine totale Hingabe für die dankbaren Fans.

live_20100817_05045B live_20100817_05049b

The Black Dahlia Murder

Trotz aller Nostalgie muss man doch erkennen, dass die Mehrheit der Besucher nicht nur um einiges jünger war als man selbst, sondern auch für die vergleichsweise jüngere Band antrat. THE BLACK DAHLIA MURDER werden wohl in einigen Jahren einen ähnlichen Kultstatus haben wie seinerseits die bereits genannten alten Recken, auch wenn sie stilistisch schon abweichen. Präzise und gewaltig schoben die Fünf aus Michigan ihren Mix aus schnellem und dennoch melodischem Death Metal und Deathcore in die freudige Fanschar, die ihre Helden abfeierten. Es gab sowohl alte Klassiker vom Debutalbum als auch einen Vorgeschmack auf das kommende Album „Deflorate".
Dennoch war es Sänger Trevor nie genug und holte erfolgreich auch die letzten Kraftreserven aus dem vom Langzeitgeschwarte teils schwer gebeutelten Publikum. Bestimmt hat Trevor nach jedem Auftritt Tennisarme, so intensiv wie er pausenlos die Fäuste gen Himmel reckt. Die Zuhörerschaft tat es ihm gleich, und schon bald fraß es den Amis aus der Hand. Trotz anhaltender Zugabeforderungen gab es nach den knapp 60 Minuten Spielzeit keine Rückkehr auf die Bühne.

live_20100817_06020B live_20100817_06065B

Auch wenn es wirklich traurig wenig Publikum gab, so hat doch jeder einzelne Anwesende dafür gsorgt, dass dieses Death-Metal Festival ein voller Erfolg wurde. Ob Zuschauer oder Musiker, jeder gab sein Bestes und feierte gebührend die Unsterblichkeit des Metals. An diesem Abend kam jeder Fan der härteren Gangart in jeder Hinsicht auf seine Kosten und konnte todesgepeinigt und erschöpft den Heimweg antreten. (Jochen)

Submit to FacebookSubmit to Twitter
Anmelden

Letzte Galerien

Neckbreaker auf Facebook

nb recruiting 2015

nb forum 2015

nb gallery 2015