Im kleinen Saarland steckt großes musikalisches Potential, wie die vielen hier bereits besprochenen und für gut befundenen Releases saarländischer Bands beweisen konnten - in kommerzieller Hinsicht schaffen es aber nur wenige Bands in internationale Sphären hervorzustoßen.
CHEENO traue ich diesen großen Schritt nach wie vor zu; das Debüt "The Next Step Will Be The Hardest" erlangte bei sehr vielen Kritikern Bestnoten und setzte mehr als nur ein Ausrufezeichen im alternativen Rock/Metal.
Der erste Studio-Eindruck des kommenden Zweitlings "2 Face Macy" entfachte bereits die Hoffnung auf einen weiteren Kracher - allerdings unter anderen Vorzeichen wie beim Debüt.
Denn die Scheibe hätte ebenso "2 Face Cheeno" heißen können. Das Quintett um Sängerin Jennie zeigt nämlich in rund fünfzig Minuten sein anderes, spontanes Gesicht. Keine zehnminütigen Epen, keine Zwischensequenzen mehr, sondern auf den Punkt gehaltene und frische Songs dominieren das Gesamtbild.
Passend hierzu sind so manche "Unsauberkeiten" wie Plug-In-Geräusche der Gitarren (siehe Opener "Macy´s Anthem" und "No Harm Intended") absichtlich im Endmix behalten worden. Auch spontane Experimente wie der im Laufen aufgenommene Gesang beim treibenden Videotrack "One Mile Ahead" gehören zu den neuen Facetten CHEENO´s.
Dennoch ist natürlich das Grundkonzept geblieben: Groovige und mit vielen tollen Melodien ausgestattete Rock-Songs, die zwar stets den "Pop" tangieren, aber aufgrund der kantigen Produktion von Gitarrist Phil stets die Gitarrenfront zu bedienen vermögen. "Chemical Attraction" (wie im Studiobericht bereits angesprochen), "Disarray", "Reviewmirror" und "The Both Of Me" haben allesamt das Zeug zum Tanzflächenfüller in den Clubs.
Natürlich gilt ein weiteres spezielles Augenmerk der Ballade "Who´s The One" und der Halb-Ballade "See You Next Sunday": Erstere erinnert mich an eine Mischung aus ANATHEMA und WALLS OF JERICHO auf der Redemption EP und ist ein wirklich wunderschöner und dennoch klischée-freier Song geworden.
Bei "SYNS" liegen die Karten anders: Der harte Metal-Part kommt unerwartet und steht für CHEENO-Verhältnisse an oberster Skala des Härtegrads - das hätte man der Band in dieser Form sicher nicht zugetraut! Bei den ruhigen Parts sang Jennie i.Ü. liegend, was eine bedrückende Stimmung erzeugt und dem textlichen Inhalt sehr gut zu Gesicht steht.
A propos Gesicht: Das "alte" Gesicht der Band ist im abschliessenden Track "Hate/Love" am ehesten zu erkennen; dieser Track erinnert mich ziemlich an die epischen Songs des Vorgängers - der Refrain des Openers wird geschickt miteingeflochten und erzeugt so ein rundes Ende für das Gesamtkonzept der zweigesichtigen Macy, deren Geschichte im Verlauf der Platte erzählt wird - unterlegt durch das Artwork und dem beiliegenden Comic-Buch der Kanadierin Julie Keene.
Also lohnt sich das Zugreifen erneut! Den halben Punkt weniger gegenüber des Debüts gibt es wegen dem Wegfall des "Aha-Effekts", ist aber aufgrund der Dichte hochklassiger Songs nur Makulatur. (Brix)
Bewertung: 9 / 10
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