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hansenandfriends thankyouwackenIm Grunde genommen gehört vorliegendes Livedokument „Thank You Wacken“ ähnlich wie das erst vor kurzem von mir vorgestellte UNISONIC Livealbum „Live In Wacken“ zur Kategorie, Stopfen des Sommerlochs. Wenn eine Band oder in vorliegendem Falle besser gesagt ein Projekt nach nur einem Studioalbum bereits eine Live-DVD herausbringt, wirkt das Ganze zumeist etwas seltsam, hier liegt die Sache dann aber doch ein wenig anders. Klar „Thank You Wacken“ braucht eigentlich kein Mensch, denn es gibt mehr als genügend Platten und DVDs, die deutlich mehr bieten als diese Veröffentlichung, es gibt aber immerhin auch gleich mehrere gute Gründe, sich dieses HANSEN & FRIENDS Package zuzulegen.

Es kommt bei mir jedenfalls selten vor, dass ich mir eine Live-DVD häufiger als ein oder zwei Mal anschaue, denn ein erster Eindruck reicht meistens bereits aus und das Feeling einer Live-Show kann sowieso keine DVD ersetzen. „Thank You Wacken“ lief da doch um einiges häufiger, vor allem, weil das Teil echt Spaß und gute Laune macht, auch weil man merkt, dass die Leute, die letztes Jahr im August auf der Party Stage des Wacken Open Air standen, Bock auf diesen Gig hatten.

Das ist sicherlich ein Pluspunkt dieser Veröffentlichung, die insofern einen besonderen Abend beinhaltet, denn es wird vermutlich nie wieder vorkommen, dass Namensgeber Kai Hansen zusammen mit Alex Dietz (HEAVEN SHALL BURN), Eike Freese (DARK AGE), Corvin Bahn (diverse Bands und Projekte), Michael Ehré (GAMMA RAY, THE UNITY), Clémentine Delauney (VISIONS OF ATLANTIS, Ex-SERENITY) und Frank Beck (GAMMA RAY, RED RAVEN) die Bühne teilen werden, Michael Kiske als Gastsänger bei zwei Songs ist da fast schon Routine und erwartbar gewesen.

Hintergrund dieser Show stellt das „XXX“ Album dar, mit dem Kai Hansen zum 30jährigen Jubiläum als Heavy Metal Musiker sein erstes Soloalbum mit den eben genannten Musikern aufgenommen hat, die an diesem Abend auch auf der Wacken Bühne standen, der CARCASS Drummer, der im Studio mit dabei war, war beim Wacken Gig verhindert, was auch nicht weiter stört. Das ist auf jeden Fall eine bunt gemischte Band, die einen echt überzeugenden Auftritt auf die Bühne gebracht hat, das muss man so deutlich sagen.

Interessant bei diesem 80-minütigen Gig sind dabei weniger die fünf HELLOWEEN Songs, welche die Band gespielt hat, sondern interessanter sind die sieben HANSEN & FRIENDS Eigenkompositionen, die in der Livefassung deutlich besser sind als ihr Ruf und die vor allem zum Zeitpunkt des Auftritts noch keine Sau kannte, weil das dazu gehörige Album noch gar nicht veröffentlicht war. Das finde ich eine coole Sache und es ist gerade bei einem Festival eine mutige Entscheidung.

Von diesen Songs machen sich vor allem die zusammen mit Clémentine Delauney gesungene Power-Ballade „Fire And Ice“ sowie die Speed Metal Nummer „Follow The Sun“ positiv bemerkbar. Aber auch die anderen Songs fallen zumindest nicht durch die Qualitätskontrolle, „Born Free“ macht sich als Opener prima, „Contract Song“ (ein Song über das Business) gefällt mit seinem hymnenhaften Refrain und dem dezent ironischen Text, der sicherlich auch vieles an wahren Geschichten enthält. „Enemies Of Fun“, ein Song gegen die Spaßbremsen der Gesellschaft, zeigt, dass Kai Hansen nach wie vor auch die höheren Töne im JUDAS PRIEST Stil treffen kann, manchen wird womöglich der kleine Seitenhieb in Richtung Veganer gut abgehen. „Burning Bridges“ ist an sich auch eine solide Nummer, und „All Or Nothing“ als vorletzte Nummer, das eher in die WITHIN TEMPTATION Richtung geht, sehr poppig, sehr eingängig, ist ebenfalls eine super Sache, auch weil Clémentine Delauney hier wieder mitsingen darf. Nach zwei HELLOWEEN Klassikern wirkt diese Nummer an besagter Stelle aber wie deplatziert.

Was HELLOWEEN angeht, von GAMMA RAY gibt es übrigens nichts zu hören, setzt Kai Hansen einmal auf die sichere Bank, Songs wie „I Want Out“ und „Future World“ sind Klassiker und zusammen mit Michael Kiske am Gesang geht da natürlich auch nichts schief, wenngleich mir die Publikumsreaktionen doch arg zurückhaltend wirken, dass die Leute jeweils den ersten Vers der Songs übernehmen sollen, klappt da ehrlich gesagt nur mehr schlecht als recht.

Die drei anderen HELLOWEEN Songs sind da schon etwas mutiger, ok „Ride The Sky“ ist auch ein Klassiker und mal wieder merkt man, dass diese Nummer sich einfach nicht abnutzt, weil sie eine ungemeine Power transportiert und gewissermaßen die Stärke und die Leidenschaft des Heavy Metals vertont.
Besser kommen trotzdem noch die Liveversionen von „Victim Of Fate“, das von Frank Beck gesungen wurde, dessen etwas tieferer und aggressiverer Stil natürlich super zu diesem Song passt, da ist es wirklich kein Wunder, dass Kai Hansen diesen Mann als zweiten Sänger zu GAMMA RAY geholt hat, die leider aktuell still zu stehen scheinen. Als Abschluss des 80-minütigen Sets steht dann mit „Save Us“ noch eine weitere Speed Metal Nummer vom „Keeper II“ Album an, von Kai Hansen als unterbewertet angekündigt und genau diese Beschreibung passt auch auf diesen unfassbar geilen Song.

Soviel zum gespielten Material, insgesamt fällt auf, dass auch die beiden Gäste im Hintergrund, Clémentine Delauney und Frank Beck wirklich sehr positiv auf sich aufmerksam machen konnten an diesem Abend, insbesondere die Sängerin hatte ich noch nicht so sehr auf dem Zettel, denn VISIONS OF ATLANTIS sind nicht gerade die beste Band des Symphonic Genres, wohingegen man als Saarländer Frank Beck natürlich kennt. Der heimliche Star der Band ist für mich übrigens Michael Ehré, der einen fantastischen Job an den Drums abliefert, egal ob es um Mid-Tempo geht oder um traditionellen Power/Speed Metal. Es macht echt Spaß, den Kerl beim Spielen zu beobachten.

„Live In Wacken“ erscheint wie so oft in verschiedenen Varianten, diesem Text hier liegt die CD/DVD Variante zu Grunde, beide beinhalten die 12 Livesongs, „Bonüsse“ oder ähnliches gibt es nicht, brauche zumindest ich aber auch nicht. Der Sound der Scheiben ist super und authentisch inklusive kleinerer Patzer des Meisters Hansen, Bild und Schnitte gehen in Ordnung, man schafft einen ausgewogenen Mix aus Band und Fans, manche Kameraeinstellungen fallen aber schon in die Kategorie „gut gemeint, schlecht gemacht“. Bei dieser CD/DVD geht es eben mehr um das Festhalten einer Momentaufnahme, die es eben so oder so ähnlich aller Voraussicht nach nicht mehr geben wird. (Maik)


Bewertung: 

Maik 20168,0 8 / 10

Anzahl der Songs: 12
Spielzeit: 77:00 min
Label: earmusic/Edel
Veröffentlichungstermin: 23.06.2017

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