newssweetasiaBis 2000 gab es in Rödelsee bei Kitzingen ein Zeltfestival, auf dem bereits namhafte Acts wie URIAH HEEP oder ALAN PARSONS auftraten. Zu ihrem 50-jährigen Jubiläum wollte die örtliche Burschenschaft dieses wiederbeleben. Dieser Verein hat es sich zur Aufgabe gemacht, die traditionellen Feste in dem Winzerort aufrecht zu erhalten und das kulturelle Zusammensein zu beleben. So lud man in diesem Jahr mit ASIA und THE SWEET zwei britische Topacts ins Frankenland. Erstere sind eine Truppe aus renommierten Musikern, die vor allem in den Achtzigern Erfolge mit Hits wie „Heat Of The Moment" feiern konnten. Noch länger her sind die großen Zeiten von THE SWEET, die in den Siebzigern die Hitmaschine darstellten. Für Freunde des Classic Rock wurde da ein Paket geschnürt, da die beiden Bands ihr einziges Doppelheadliner-Konzert in Deutschland gaben.

Dort angekommen verwunderten mich erstmal die Plakate, welche das Event als Teil der örtlichen Kirchweih auswiesen. Was auf den ersten Blick obskur anmutet, ist logistisch sehr clever, weil das große Festzelt nicht zweimal aufgebaut werden muss. Und ganz ehrlich, einen Kerwerock mit so Größen wie ASIA und SWEET wünscht sich doch jede Gemeinde. Damit kann man den Ort auch weit über die Grenzen der Region bekannt machen. Auch wenn man es annehmen könnte, hinterwäldlerisch war die Veranstaltung keineswegs, sondern so professionell, dass die Eingangskontrolle so streng war, dass ich meine Banane nicht mit rein nehmen durfte.
Ich war schon auf vielen Festivals mit gewerblichen Caterern, selbst da durfte ich mein Essen mitbringen, beim Trinken sind Verbote normal. Ich kann aber verstehen, dass der Verein dahinter mit einem hohen Risiko agiert und auch auf die Einnahmen aus dem Verkauf angewiesen ist. Auch wenn es nichts adäquat Gesundes dort gab, war das Angebot an kalten und warmen Speisen sowie Kuchen sehr vielfältig und wurde von den Helfern selbst zubereitet, was man einfach lobend erwähnen muss. Die Leute aus Rödelsee wissen wie man Feste feiert, verstehen sie sich auch auf eine Rock´n´Roll-Party?

THE MIDNIGHT RAMBLERS
Den Anfang machten erstmal die Lokalmatadoren aus Marktheidenfeld, die mit ihrem aus Kalifornien stammenden Frontmann Danny Vox antraten. Hier standen eigene Songs, Titel von Dannys Soloalben und diverse Coverversionen auf dem Programm. Während sich die Eigengewächse an den Stones orientierten, brachte der amerikanische Sänger eine Ballade in der er die Skateboardleidenschaft seines Sohnes besang zum Besten. Bei den Covers bewies man mit „Carla With AK" von den HOOTERS oder „Message In A Bottle" von POLICE Geschmack abseits des zu Tode abgenudelten.

Mittelpunkt der Show war unbestritten Vox, welcher der Truppe eine hohe Authentizität verleiht, der Typ ist ein echtes Original. Ich hätte nicht geglaubt, dass ich mal jemanden sehe, dessen Strat noch abgenutzter ist als die von Dave Meniketti von Y&T. Sein langer Zopf legt den Blick auf sein Gesicht frei, in dem sich Spuren des Rock´n´Roll-Lifestyle nicht verleugnen lassen. Sein angerautes Organ passte sehr gut zu den etwas kantigeren, erdigeren Arrangements, welche die MIDNIGHT RAMBLERS den Liedern verpassten.

Aber wie bei seinen Mitstreiter war seine Agilität nicht die allergrößte, zu Beginn wirkte die Truppe noch etwas nervös. Erst mit der Zeit taute das noch nicht voll besetzte Zelt auf und gab den Musikern durch verdienten Beifall mehr Sicherheit. Die ging dann ein bisschen mehr aus sich heraus, ohne sich groß über die Bühne zu bewegen. Der zweite Gitarrist Ebi traute sich weiter nach vorne und öffnete den ein oder anderen Knopf seines Hemdes.
Musikalisch verdiente sich neben Vox vor allem noch Keyboarder Uli gute Noten, während Backgroundsängerin Eva Ludwig stets bemüht war die Zuschauer zu animieren. Lediglich Schlagwerker Peter Büdel agierte etwas eindimensional. Besonders hervor zu heben wäre noch Almut Rösch, die bei FOREIGNERs „Urgent" das Saxophon sowie bei „Baba O'Reily" von THE WHO die Violine gekonnt bediente. Am Ende präsentierten die Acht noch ein tolles Medley aus allen drei Teilen von „Another Brick In The Wall" der unsterblichen PINK FLOYD, was ihnen Zugabewünsche bescherte, die sie gerne beantworteten.

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THE SWEET
Nach diesem guten Aufwärmprogramm bestand in der langen Umbaupause ein wenig die Gefahr wieder abzukühlen. Es sollte eine dreiviertel Stunde dauern bis THE SWEET endlich die Bühne enterten, aufgrund des nun kuschelig gefüllten Zeltes hatten sie aber dennoch keine Probleme die Betriebstemperatur wieder herzustellen. Und das obwohl sich die Glamlegende erstmal die allergrößten ihrer zahlreichen Hits für später aufsparte. Von denen haben sie so viele, dass sie es sich leisten konnten die nicht ganz so rocklastigen Frühwerke wie „Funny Funny" oder „Co-Co" außen vor zu lassen.
Das kann kaum eine Band von sich behaupten, dass sie auf Nummer Eins-Hits verzichten kann. Musikalisch zehren die vier Herren nur aus ihrer Geschichte, seit 30 Jahren erschien kein neues Studioalbum mehr von ihnen. Zwar nahmen sie im letzten Jahr bei „The New York Connection" diverse Coversongs auf, die mal mehr oder minder in den SWEET-Stil abgewandelt wurden, doch die dient vor allem dazu, die verstärkten Tour-Aktivitäten zu promoten. Aus der Scheibe kamen an dem Abend auch zwei Songs zum Einsatz, vor allem die Interpretation des DEAD OR ALIVE-Klassikers aus der Wave-Zeit war interessant.

Auch personell hat sich einiges verändert, von dem Ur-Quartett leben zwei Musiker schon nicht mehr. Einzig verbliebenes Mitglied ist Andy Scott, der noch dieselbe Frisur wie in den goldenen Siebzigern trägt, in Sachen Körperfülle aber böse zugelegt hat. Neben ihm spielen Drummer Bruce Bisland sowie Keyboarder/Gitarrist Tony O´Hora, zwei ehemalige Mitglieder der NWOBHM-Combo PRAYING MANTIS. Als Frontmann und Bassist verdingt sich seit 1996 der zuvor unbekannte Peter Lincoln. Die drei sind allerdings zu sehr Musiker und zu wenig Entertainer, so dass die Musik sprechen musste.

Und die sprach in mächtigen Worten zu uns, einfach, ohne viel Schnörkel, direkt in die Gehörgänge. Ein Reigen an Evergreens, welche, so man sie noch nicht kannte, beim zweiten Refrain zumindest mit pfeifen konnte, prasselte auf die gut Tausend Leute ein. Musikalisch ließ man nur selten die Klasse, die man auf Alben wie „Sweet Fanny Adams" und „Desolation Boulevard" zeigte aufblitzen. Lediglich das Einflechten der guten alten „Fanfare For The Common Man", derer sich zuletzt auch DEEP PURPLE bedienten bot etwas Anspruch.
Doch das war auch nicht der Anspruch derer, die von weit angereist waren, um eben die Single-Hits abzufeiern, welche sie seit ihrer Jugend begleiten. Und gefeiert wurde in Rödelsee, nicht nur Kirchweih, sondern auch eine Glam-Messe, die rockte ohne Ende. Da störte es auch nicht, dass der sehr laute Sound ein bisschen übersteuerte, das gehört zum wilden Charakter der Seventies dazu. Bei genauem Hinhören kann man in den Arrangements den Einfluss heraus hören, welche die Truppe auf viele Hairmetal-Bands wie DEF LEPPARD hatte.
Gerade bei den mehrstimmigen Passagen bewiesen THE SWEET, dass es Musikalität bedurfte, um aus den einfachen Kompositionen diese Gassenhauer zu formen. Die Menge freute sich, sang von Beginn an lautstark mit und hatte ebenso viel Spaß wie THE SWEET. So schaukelte sich die Stimmung immer weiter hoch, bis zum Finale die absoluten Überflieger ausgepackt wurden. Die Zugaberufe machten der bislang vorherrschenden Lautstärke alle Ehre und wurden mit weiteren Runden in der Zeitmaschine beantwortet.

Setlist THE SWEET:
New York Groove
Hellraiser
Turn It Down
The Six Teens
Wig-Wam Bam / Little Willy
Into The Night
Teenage Rampage
Set Me Free
Blockbuster
Love Is Like Oxygene
Fox On The Run
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Action
Ballroom Blitz

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ASIA
Da blieb die Frage, ob es die Neo-Progger schaffen würden diesen Stimmungslevel zu halten, denn anschließend setzte unter den zumeist für THE SWEET angereisten der Abmarsch ein. Glücklicherweise aber eher nur zum Bierstand, um die kommenden wieder 40 Minuten zu überbrücken. Das ruhigere und getragene Material eignet sich sicher schlechter für die große Party, aber das machte die Magie der Songs wieder wett. Auf alle Fälle sorgte einer der bekanntesten Titel schon am Anfang dafür, dass die Zahlenden bei der Stange blieben und wieder mehr auf das Geschehen auf der Bühne konzentrierten.

Die als Supergroup gestartete Formation zeigte direkt, dass sie vom Feeling her als klare Punktsieger vom Platz gehen werden. Die wunderbaren Arrangements kamen zur Entfaltung, auch wenn der Sound bei den ersten Songs zu Bass – und Schlagzeuglastig war. Das besserte sich, als während einer reinen Piano-Nummer neu justiert wurde. John Wetton war bestens bei Stimme, als Frontmann präsent, obwohl auch er in Sachen Stageacting wenig zeigte. Aber die Art, wie er seine Songs intoniert, jeden Ton vollendet formt, weiß immer wieder zu überzeugen, kaum ein anderer Sänger transportiert diese feine Melancholie herüber.

Seine beiden alten Mitstreiter hatten es sich auf den beiden Risern, die in der Umbaupause rein gefahren wurden bequem gemacht. Geoff Downes hatte ein ganzes Arsenal an Keyboards drauf gepackt, sein Podest war nur auf der Seite zum Publikum hin offen. Das ist der Kommunikation zu den Fans zwar abträglich, eröffnet den Muckern im Publikum aber einen sehr guten Einblick auf sein Spiel.
Ebenfalls sehr gut einsehbar war Carl Palmer hinter seinem sehr niedrigen Kit. Bei ihm gab es zwar zu Beginn auch ein paar Abstimmungsprobleme, über die der Drummer nicht amüsiert war, die dann aber zu seiner Zufriedenheit gerichtet wurden. Dann konnte er endlich loslegen und den wohl größten Spaß der gesamten Band haben. Er gehört ja zu den ganz großen Prog-Schlagwerkern der Siebziger, bislang hatte ich allerdings noch keine Gelegenheit ihn live zu erleben.

Das sollte sich als Bildungslücke erweisen, denn wie er die teils jazzigen Breaks runtertrommelte war eine Augenweide. Sehr kraftvoll und schnell, dabei versiert und mit einem tollen Gespür für den Ton und einer federleichten Stickführung. Sein Jazzbackground war ihm schon an der Handhaltung anzusehen, dennoch sorgt er für den nötigen Druck, der neueren Stücken auf Platte fehlt.
War er schon der optische Fixpunkt von ASIA, so packte er mit seinem Solo noch einen drauf. Eines der genialsten, die ich je sah, neben der brillanten Technik auch mit tollen Ideen gespickt. Teilweise jonglierte Palmer hinter dem Rücken mit den Stöcken, legte einen zwischendurch auf einem Becken ab, während er dies mit dem anderen bearbeitete. Dafür erhielt er mehrfach Szeneapplaus, am Ende kam er hinter seiner Schießbude hervor und nahm den Jubel am Bühnenrand entgegen. Der beste Entertainer des Abends.
Sam Coulson, der neue, blutjunge Mann an den sechs Saiten konnte hingegen kaum Akzente setzen. Er spielte seine Parts songdienlich und technisch einwandfrei runter, verfügt aber noch nicht über den Charakter eine eigene Note mit einzubringen. Ihm scheinen auch die rockigeren Momente mehr zu liegen, mal sehen ob sich dies auf das kommende Album auswirkt. Beim Stageacting hielt er sich trotz viel Raum ebenso zurück wie bei den Backgroundgesängen, da fehlt einfach noch der Mut.

Ansonsten ließen ASIA nichts anbrennen, mit ihrer überzeugenden Performance hielten sie alle Anwesenden im Zelt und konnten auch passionierte SWEET-Fans begeistern. In Sachen Songauswahl ging man auch auf Nummer sicher und brachte neun Songs von den ersten beiden Alben. Doch ganz zur Greatest Hits-Veranstaltung geriet der Gig nicht, denn von den Alben nach der Reunion kamen zwei Titel zum Zug, leider keiner von „Omega". Dafür freute ich mich persönlich über den Titel der „Then & Now"-Compilation, den sie mit Steve Lukather eingespielt hatten.
Gerade nach dem Drumsolo war die Stimmung wieder am Anschlag, viele Refrains wurden aus hunderten Kehlen mitgesungen. Gegen Ende gab es ein paar flottere Lieder, wo die letzten Reserven aktiviert wurden und als Zugabe den von allen erwarteten Welthit. So endete mit den 85 Minuten ein großer Konzertabend, der wieder einmal bewies, dass große Songs nie sterben. Die Zugabe-Rufe, die es dann noch gab kann Rödelsee gerne als Aufforderung verstehen, im nächsten Jahr nachzulegen. (Pfälzer)

Setlist ASIA:
Only Time Will Tell
Wildest Dreams
Face On The Bridge
Don´t Cry
An Extraordinary Life
Open Your Eyes
Voice Of America
My Own Time
The Smile Has Left Your Eyes
Days Like These
  -Guitarsolo-
Go
Time Again
 -Drumsolo-
Sole Survivor
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Heat Of The Moment

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