San Francisco war in der Vergangenheit immer ein gutes Pflaster für gute Musik. Ende der Sechziger war der Stadtteil Ashbury/Height das Zentrum der Flower Power-Bewegung und der Laurel Caynon die Wiege vieler Blues – und Psychedelicacts. In den Achtzigern bildete sich die Bay Area als Festung des Thrash Metal heraus. Heute sieht es da ein wenig überschaubarer aus, auch wenn viele Bands noch dabei sind. Ein hoffnungsvoller Newcomer kommt aus einer völlig anderen Ecke, LOTUS THIEF haben sich dem Post Black Metal verschrieben. Dabei handelt es sich um ein in dem Genre übliches Duo, bei dem Bezaelith alle Instrumente und den Gesang übernimmt, während Otrebor hinter den Drums Platz nimmt. Seit Kurzem hat Svart Records ihr Debüt „Rervm" auf den Markt geworfen.
Dabei liegt die Besonderheit darin, dass es sich bei Bezaelith um eine Frau handelt, die normalerweise bei den Alternativerockern THE NIGHT FALLS den Bass schwingt. Dazu hat sie zusammen mit Otrebor mit den Naturmystikern BOTANIST noch eine weitere Band am Start. Alleinverantwortlich ist die umtriebige Beth für das Onlinemagazin Maelstrom und das Projekt MINA LOY. Dabei scheint ihre weibliche Stimme zu Beginn gar nicht so durch, was nicht daran liegt, dass sie Black Metaltypisches Keifen loslässt. Dieses Stilelement haben LOTUS THIEF hinter sich gelassen. In den ersten Songs jedoch benutzt sie eine tiefe Lage, die man auch als Mann verorten könnte.
Wogende Flächen bestimmen den Auftakt, während der Gesang ruhig und bedacht ist. Erst später tauchen bei „Aeternum" schwarzmetallische Ansätze in den Gitarren auf, über die immer dezente Keyboards gelegt werden. Die Stimme nimmt am Ende an Dynamik zu, während die Atmosphäre ins sakrale driftet. Diese bricht dann gegen Ende zusammen, das Ende des Songs besteht nur noch aus vereinzelten Geräuschen und psychedelischem Blubbern. Vor allem die Naturstimmen lassen an BOTANIST denken. Jenes Stilelement prägt alle Titel der Scheibe, die alle so um die acht Minuten lang sind, aber jeder auf eine andere Weise. Mal sind es nur Pianotöne, mal Synthieschwaden, aber immer herrscht fast Stille zwischen den eigentlichen Songs, die oft in den nächsten überleitet.
Ein Schwachpunkt offenbart sich beim fordernden Beginn von „Miseras", das Klangbild ist etwas undifferenziert ausgefallen. Dadurch kommen die Soundscapes im Hintergrund kaum zur Geltung und auch die Rhythmusspuren sind etwas matschig. Aber bei einem Debüt kann man solche Dinge noch verschmerzen, sie trüben die sphärischen Klänge kaum. „Revrm" zelebriert eine karge Schönheit, die aber nur schwer zu fassen ist und einige Durchläufe benötigt, bis sie sich einem offenbart. Die angesprochenen Zwischenspiele fördern diese Sperrigkeit noch weiter, weil sie die Songs etwas aus ihrem Fluss reißen.
„Discere Credas" rockt sehr schwer und tief, watet fast in doomigen Gefilden, was von der Stimmung an MY DYING BRIDE erinnert. Der stehen immer wieder sie schnellen Ausbrüche gegenüber, wenn die sechs Saiten ins Sirren kommen. Recht druckvoll gestaltet sich die eine Seite von „Lux", in welcher der Bass mächtig wummert. Hier gibt es ebenfalls mit Pianoelegien und fast poppigen Gesang einen Gegenpol dazu. Elektronische Experimente prägen „Discordia" und wecken außerhalb der angeschwärzten Gitarrenmotive Assoziationen an THE GATHERING Ende der Neunziger.
Der Schlusspunkt „Mortalis" rockt teilweise richtig nach vorne, birgt auf der anderen Seite noch mehr dieser gespenstischen Entrücktheit in sich. Die Musik von LOTUS THIEF spielt gerne mit den Gegensätzen, kann diese aber nicht immer punktgenau verarbeiten. Vielleicht wäre es auch besser sich auf ein oder zwei musikalische Betätigungsfelder zu konzentrieren, um die Stärken zu bündeln. Gute Ansätze und viel Potenzial zeigen sich bei dem interessanten Debüt auf jeden Fall, mal sehen, was da noch kommt. (Pfälzer)
Bewertung: 6,5 / 10
Anzahl der Songs: 6
Spielzeit: 49:00 min
Label: Svart Records/Cargo
Veröffentlichungstermin: 28.11.2014
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