Brimheim - Ratking

BRIMHEIM hatte ich bis vor ein paar Monaten nur so am Rande wahrgenommen und ich hatte nie die Zeit und Muße, mich richtig eingehend mit ihrer Musik zu beschäftigen. Doch ihr wirklich magischer Auftritt auf dem letzten G!-Festival hat mich eines Besseren belehrt. Helena Heinesen Rebensdorff, so ihr bürgerlicher Name, ist es definitiv wert, sich eingehender mit ihrem Schaffen zu befassen.

Neben ihrer Stimme und ihrer Bühnenpräsenz machen besonders ihre Texte einen großen Teil ihrer Qualitäten aus. Das sieht man schon am Titel ihres Debütalbums „Can’t Hate Myself Into A Different Shape“. Auf „Ratking“ hat sie das konsequent fortgeführt. Ich habe es ja schon immer bewundert, welchen Seelenstriptease manche Künstler in ihren Texten hinlegen – Helena treibt es auf die Spitze und verarbeitet hier ganz direkt ihre Ängste, Selbstzweifel und überhaupt ihr Seelenleben. Sie macht ihre Musik somit noch nachvollziehbarer, noch direkter. Da fallen auch Sätze wie „It’s easier than I thought to turn my secrets into your entertainment“.

Es ist leicht, sich mit ihren Texten zu identifizieren und sich verstanden zu fühlen. Doch auch musikalisch kann „Ratking“ auf ganzer Linie überzeugen. Helena hat mit Søren Buhl Lassen am Bass und Buster Jensen an der Gitarre zusammengearbeitet, um dieses Album mehr oder weniger direkt im Studio zu erschaffen. Mit „Dancing In The Rubble“ beginnt das Album schon verdammt stark. Durch den pointierten Einsatz von Blechbläsern stößt BRIMHEIM in ganz neue Gefilde vor, ihr Gesang wirkt zugleich zerbrechlich und doch stark. Wer bisher dachte, dass Pop bzw. Rock und Bläser nicht zusammenpassen, der wird hier eines Besseren belehrt.

Für dieses Album bezeichnend ist, dass sich viele der Stücke auf diesem Album nicht vor den vorab veröffentlichten Singles verstecken müssen. Da wäre zum einen der schon erwähnte Opener, aber auch „Into The Ooze“, „Fell Through The Ice“ oder „Grinding Boulders“ sind verdammt starke Songs. Immer wieder scheint Helenas rockige Ader durch, gerade bei dem schon erwähnten „Fell Through The Ice“. „Into The Ooze“ ist einer meiner absoluten Favoriten auf dem Album.

Aber auch die vorab veröffentlichten Singles wurden ja nicht umsonst dafür ausgesucht. In den zugehörigen Videos zeigt Helena ihr schauspielerisches Talent und wie wichtig es ist, Arbeit nicht nur in die Musik, sondern auch in die zugehörigen Videos zu stecken. Nicht umsonst hat sie in diesem Jahr bei den Faroese Music Awards die Auszeichnung für „Visuelles Zusammenspiel“ erhalten. Insbesondere „Literally Everything“ und „Brand New Woman“ sind echte Ohrwürmer, die zu hören richtig Spaß macht und bei denen sie das ganze Potential ihrer Stimme ausschöpft.

Aber auch in den ganz ruhigen Songs brilliert sie, sei es nun das zarte „Snow Angels“ oder „Keep Bleeding Diamonds“, das sich nach seinem ruhigen Beginn zu einem geradezu bombastischen Stück entwickelt. Im fantastischen „Brand New Woman“ singt Helena im Duett mit der dänischen Sängerin Emma Grankvist, besser bekannt unter ihrem Künstlernamen EEE GEE und ihre Stimmen harmonieren wirklich gut miteinander. Im zugehörigen Video sind beide zusammen zu sehen.

In der zweiten Hälfte des Albums werden die klassischen Musikinstrumente immer weiter verdrängt und Synths nehmen immer mehr Raum ein. Gerade bei „Surgeon“ sind die elektronischen Elemente sehr präsent. Das Stück ist im Vergleich mit dem Rest der Platte fast schon sperrig und zeigt noch einmal eine ganz andere Seite von BRIMHEIM. Das sanft rockende „Grinding Boulders“ ist ebenfalls elektronisch dominiert, zeigt aber auch noch einmal besonders die ganze gesangliche Bandbreite, auf der sich Helena bewegt. Das abschließende, im Gegensatz zu seinem Namen, zerbrechlich zarte „Hurricane“ ist noch einmal ganz anders als der Rest der Platte, hat sein eigenes Intro und Outro und ist insgesamt sehr reduziert, man hört vor allem Klavier und Helenas sanfte Stimme darüber. Den Abschluss des Songs und Albums bildet dann das Geräusch eines sich vom Plattenteller hebenden Arms.

Mit „Ratking“ ist BRIMHEIM ein Album gelungen, das sich von seinem Vorgänger unterscheidet, dabei selbstbewusster und gereifter klingt und die Vielseitigkeit der jungen Künstlerin unterstreicht. Ihre Mischung aus Art Rock, Pop und Alternative funktioniert ausgesprochen gut und zeigt, auf welch hohem Niveau sie sich bewegt. Ich hoffe, dass sie bald auch live mal den Weg nach Deutschland findet. (Anne)

Bewertung:

Anne8,0 8 / 10



Anzahl der Songs: 12
Spielzeit: 42:56 min
Label: Tambourhinoceros
Veröffentlichungstermin: 22.03.2024

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